Ja wo isser denn, der angekündigte Podcast? Tja, da müsst ihr euch bei Azzkickr beschweren. Er und seine technischen Probleme sind nämlich schuld daran, dass wir am Montag nicht aufzeichnen konnten. Wenn ihr diese Zeilen lest, haben wir die Situation zwar bereits geklärt. Aber für das Schneiden blieb mir schlicht zu wenig Zeit (muss ja schließlich Desert Bus For Hope 6 schauen). Ihr müsst euch also noch bis Montag gedulden. Ihr werdet es aber vermutlich überleben. Da bin ich mir sicher . Als kleine Vorschau: Meine Gäste in Folge 46 sind mal wieder Azzkickr und Dod und mit dieser Information könnt ihr auch schon das Thema der Sendung erraten. Wenn nicht, dann bin ich sehr enttäuscht von euch!
Themenwechsel
Ende Oktober ging mal wieder ein Aufschrei durch die englischsprachige Spielepresse. Schließlich gibt es nichts worüber ein Journalist (egal in welcher Branche) lieber schreibt als über seine eigenen Kollegen. Sieht man ja daran, dass auch ich es schon wieder mache . Die deutsche Szene hat es, soweit ich es mitbekommen habe, hingegen kein Stück interessiert. Gemeint ist der Dorito-gate-“Skandal”. In Anführungszeichen deshalb, weil zwar einige Seiten darüber geschrieben haben und das Thema der “Journalisten-Ethik” heiß diskutiert wurde, die ganze Sache aber spätestens nach einer Woche schon wieder in Vergessenheit geraten war. So groß kann der Skandal also gar nicht gewesen sein.
Aber um was geht es eigentlich? Nun, Auslöser der Diskussion waren drei zufällige Begebenheiten, die aber alle genau mit dieser Thematik zu tun haben: Als erstens hat Geoff Keighley von GTTV umgegeben von Doritos und Mountain Dew (Halo 4-Promo) Interviews abgehalten, zweitens hat Robert Florence in einer Kolumne bei Eurogamer auf einen britischen Journalisten aufmerksam gemacht, der Promo-Tweets gepostet hat, um eine PlayStation 3 zu gewinnen und drittens gab es die Sache mit der jungen Journalistin Lauren Wainwright, die unter anderem nebenbei für Square Enix gearbeitet hat. Aber am besten lest ihr euch einfach selbst den Kotaku-Report von Stephen Totilo durch, um auf den aktuellen Stand zu kommen.
Allgemein
Das Thema “Ethik im Journalismus” ist auf jeden Fall etwas, worüber grundsätzlich ernsthaft diskutiert werden muss. Und das nicht nur in der Spielebranche. Wir reden hier schließlich von der vierten Gewalt im Staat, die massiv zur Meinungsbildung der Öffentlichkeit beiträgt und entsprechend völlig unabhängig sein muss. Da ist es wichtig, dass der Leser, Zuschauer und Zuhörer sich darauf verlassen kann, dass der Reporter keine eigene Agenda verfolgt. “Der Wahrheit verpflichtet” sollte das grundlegende Motto jedes Berichterstatters sein. Egal ob er über Kriege oder über Unterhaltung berichtet. Das unterscheidet ihn auch vom gemeinen Blogger.
Die Realität sieht aber bekanntlich anders aus und entsprechend stark ist das Misstrauen heutzutage der Öffentlichkeit auch gegenüber Journalisten. Da müssen wir nicht erst nach Übersee zu Fox News & Co. oder nur in den Boulevard schauen (niemand wird ernsthaft behaupten, dass die BILD für unabhängige Berichterstattung steht). Die Frankfurter Rundschau, mit der es zu Recht derzeit absolut zu Recht den Bach runtergeht, könnte beispielsweise nicht linksliberaler sein. Oder der Spiegel und sein Internetpendant Spiegel Online, deren Markenrot definitiv keine zufällige Wahl darstellt, wenn man sich so die Artikel durchliest. Und solche Beispiele gibt es noch viele weitere, in allen Bereichen des politischen Spektrums. Die Mitschuld daran gebe ich übrigens dem Trend hin zum Infotainment. In ein 24 Stunden Unterhaltungsprogramm passt die Realität nun einmal nicht hinein, die der Empfänger schlimmstenfalls sowieso nicht hören möchte.
Der Spielejournalismus
Im Bereich der Spieleberichterstattung gibt es genauso, wenn nicht sogar noch stärkere Interessenskonflikte. Es fängt schon damit an, dass die Publisher den Magazinen Testmuster zur Verfügung stellen. Vereinzelt wurde entsprechend auch der Ruf laut, dass jeder sich ganz normal das Spiel im Laden kaufen sollte. Hier kommt dann gern als Gegenargument der Vergleich mit Automagazinen (warum immer Spiele und Autos?!), die sich ja auch nicht einfach mal einen Lamborghini kaufen können, um ihn zu testen. Es ist aber ein Punkt, der auf alle Bereiche zutrifft, bei denen Produkttests durchgeführt werden. Sei es Theaterstücke, Hotels oder egal was – es ist fast immer für den Reporter kostenlos. Die einzige Ausnahme, die mir einfällt, sind Restaurantkritiker. Hier gibt es wohl zwar auch schwarze Schafe, aber ein “richtiger” Fachmann lässt das Etablissement eben nicht vorher wissen, dass er da ist. Das würde schließlich den Test verfälschen.
Ich persönlich sehe hier aber auch kein wirkliches Problem. In 99% der Fälle liegt es allein in der Hand der Redaktion ob sie a) überhaupt etwas mit dem Testmuster anfangen und b) wie dann der jeweilige Test (inkl. Bewertung) aussieht. Die einzig denkbare Einflussnahme wäre also, dass vielleicht eher ein Spiel getestet wird, wo auch das Testmuster vorliegt. Das ist allerdings, und das mag überraschen, mehr ein Punkt für unbekanntere Titel. Die Realität sieht nämlich schlicht so aus, dass wichtige Spiele so oder so (= interessieren viele Leute) behandelt werden, unabhängig davon, ob der Publisher jetzt was schickt oder nicht. Liegt hingegen ein Muster für ein unbekannteres Spiel vor, ist natürlich auch die Wahrscheinlichkeit höher, dass sich das dann doch jemand mal anschaut.
Krimskrams
Dann gibt es natürlich das Thema des “Swag”, sprich T-Shirts und derlei Krimskrams, den ihr auch von Messen wie der gamescom kennt. Allerdings sind die Varianten für Journalisten natürlich oft wesentlich höherwertiger. Da werden Kisten mit Sachen verschickt, die nicht nur vom Geldwert locker jede Bestechungsgrenze überschreiten, sondern auch vom Zeitpunkt her (zur Vorschau oder zum Test) in jedem anderen Unternehmen ganz eindeutig illegal wären. In der Spielebranche scheint es hingegen ganz normal zu sein. Klar, ab und zu verlosen die Magazine auch das Zeugs. Aber vieles wandert schlicht in private Taschen. Und wer glaubt, dass da was zurückgeschickt wird, der lebt vermutlich auf einem anderen Planeten. Das passiert allerhöchstens, wenn man gleichzeitig eine klickbringende News draus machen kann.
Wie geil so mancher “Redakteur” auf das Zeug ist, hatte ich ja bereits in einem Eintrag nach der diesjährigen gamescom erwähnt. Und meine Meinung hat sich seitdem auch nicht geändert. Es regt mich auch jedes Mal wieder auf, wenn Swen Vincke von Larian Studios in seinem Blog davon erzählt, was er alles machen muss, damit jemand über seine Spiele berichtet (ja, ich weiß, ich zitiere den Blog gerne. Aber er ist halt auch so informativ). Das kann es einfach nicht sein. Ja, es ist nett wenn ich ein Divinity-T-Shirt kriege und ich freue mich natürlich auch drüber und behalte und ziehe es auch privat ohne schlechtes Gewissen gerne an. Aber es kann doch nicht sein, dass ich davon meine Berichterstattung abhängig mache oder mich anderweitig beeinflussen lassen!
Das Reisen
Am anderen Ende des Spektrums finden sich hingegen die Preview- und Reviewevents. Egal ob es nach Dubai (Spec Ops: The Line), Seattle (Portal 2), Dublin (Red Faction: Armageddon) oder einfach nur nach München (Dragon Age II) geht: Der Publisher hat hier die volle Kontrolle über die Spielsituation und tut gleichzeitig alles dafür, dass sich der Berichterstatter wohlfühlt. Sprich reichhaltiges Rahmenprogramm, umfangreiches Büffet und dergleichen. Der eigentliche Grund, warum man da ist — das Spiel spielen — tritt da fast schon komplett in den Hintergrund.
Auch hier gibt es sehr viele, die sehen solche Trips als selbstverständlich an und beschweren sich sogar, wenn sie nicht mitdürfen. Ob da die professionelle Integrität tatsächlich noch gewährleistet ist? Ich weiß es nicht. Ja, mein bezahlter Besuch in Dublin war ganz nett. Aber ich hätte die Spiele genauso gut, wenn nicht sogar besser irgendwo in einer Firmenfiliale in Deutschland oder Zuhause anspielen können. Und da reden wir nur von einer Vorschau. Ein Test bei einem Publisher-Event? In meinen Augen ein absolutes No-Go! Selbst wenn Zuhause die Deadline ruft, ist der Druck dort ein ganz anderer, als wenn du nur zwei Tage mit einem unbekannten System (womit ich nicht nur PC, sondern auch Konsole und Fernseher meine) hast und dir dabei ständig ein PR-Vertreter über die Schulter schaut. Das mag demjenigen vielleicht nicht einmal bewusst sein, aber das hat garantiert einen Einfluss auf den Test und zwar egal, ob dieser positiv oder negativ ausfällt.
Ich bin im Nachhinein entsprechend ganz froh, dass mein Ausflug nach Dublin bislang mein einziges derartiges Event war. Und bei den innerdeutschen Sachen hatte ich zum Glück immer die erwischt, wo es kein großes Tamtam Drumherum gab, wenn überhaupt. Bei Dark Souls saß ich beispielsweise in Frankfurt ganz alleine in einem abgedunkelten Raum. Und selbst beim Previewevent zu Dragon Age II in München, saß ich mehrere Stunden mit Köpfhörer am Rechner ohne das mich irgendeiner belästigt hat und ich konnte tun und lassen was ich wollte.
Die andere Kategorie
Und dann wäre da natürlich auch noch die andere Sache: Sich bei den PR-Leuten einschleimen oder gar für sie arbeiten (=Pressemitteilungen einfach übernehmen oder sogar Aufträge annehmen wie im Falle von Lauren Wainwright) beziehungsweise selbst Entwickler sein und über sein Projekt berichten, wie es derzeit bei Rock Paper Shotgun der Fall ist. Allerdings ist die Seite sowieso schon von Haus nicht einmal im Ansatz irgendwie Objektiv (auch bei den News nicht), von daher ist das schon fast wieder egal.
Es ist eine Sache, wenn man im Sinne einer guten Zusammenarbeit (wir sind ja alles nur Menschen, die einfach nur unsere Arbeit machen), eine gute Beziehung mit dem PR Manager oder dem Entwickler pflegt. Zumal dies ja auch durchaus Vorteile haben kann, was der Zugang zu Entwicklern oder Testmustern angeht. Dafür betreibt man ja Networking. Aber nur weil ich mit PR Manager Hans-Wurst gut auskomme, darf das natürlich nicht bedeutet, dass ich seine Spiele jetzt in irgendeiner Weise bevorzugt behandele.
Um wieder mich als Beispiel zu nehmen: Der Kollege von THQ ist nach meinem Test zu Warhammer 40.000: Space Marine (6,5/10) überhaupt nicht mehr gut auf mich zu sprechen, obwohl wir vorher ganz gut miteinander auskamen. Das ist mir aber so was von Scheißegal, da ich voll hinter meinem Test und meiner 6,5/10 stehe. Und Headup Games — mit denen ich bekanntlich gut befreundet bin — schicken zwar fleißig Testmuster, aber schon vor meiner Auszeit habe ich ihre Spiele nur angeschaut, wenn es GamersGlobal in den Plan passte.
Die Grundprobleme
Und spätestens hier kommen wir nun endlich zu den beiden Grundproblemen der ganzen Angelegenheit: Zum einen scheinen viele Spielejournalisten die Arbeit nur als Sprungbrett zu nutzen, um als Quereinsteiger in die eigentliche Branche zu wechseln. Gunnar Lott dürfte da eines der prominentesten Beispiele des letzten Jahres sein (er wechselte Anfang 2011 zu Gameforge). Aber auch Boris Schneiders Aktivitäten bei Microsoft dürften sicherlich jedem bekannt sein. Oder um noch einmal in die reale Welt zurückzuwechseln: Die Beförderung von ZDF-Moderator Steffen Seibert zum Regierungssprecher hinterließ einen nicht weniger starken Beigeschmack.
Zum anderen habe ich schlicht das Gefühl, dass viele Journalisten (egal ob jung oder alt) das Ganze nicht oder zumindest nicht mehr wirklich ernst nehmen und entsprechend auch nicht mehr hinter ihren Texten stehen. Da wird stattdessen einfach irgendwas hin geklatscht, damit was da ist und fertig. Das mag meine jugendliche Naivität sein, aber ich kann mir dieses Verhalten einfach nicht erklären. Das muss nicht einmal das Extrem erreichen wie zuletzt beim Test zu Natural Selection 2 von GameSpot, der nach Leserbeschwerden zurückgezogen und neu gemacht wurde. Oder die Sache mit der GameStar und dem Test zu Silent Hunter 5: Battle of the Atlantic. Wobei die GameStar und ihr Verhalten in Bezug auf Tests sowieso ein ganz eigenes Thema ist. Die ganze Diablo 3-Sache ist beispielsweise ein schlechter Witz (Nachtest des Nachtests?!).
Unfassbar
Es gibt noch wesentlich mehr Berichte, die nicht berichtigt oder zurückgezogen werden, wo der Autor so offensichtlich keine Lust hatte, dass es schon weh tut. Ich erinnere mich da beispielsweise an den Test der PC Games/ PC Action (ist ja eh das gleiche) zu S.T.A.L.K.E.R.: Call of Pripyat: Der Kollege hat unter Garantie nicht mehr als den ersten Bereich des Spiels (der ausgetrocknete See) sich angeschaut und dann direkt den Test hingerotzt. Das Pendant bei Vorschauberichten sind die, die aufgrund von einem Trailer oder einer Handvoll von Screenshots entstehen. Ich verlange ja nicht, dass jeder für einen Test das komplette Spiel durchgespielt haben muss. Das ist je nach Genre sogar unmöglich. Aber entweder ich muss über mein fehlendes Wissen gut hinwegfaken können, mir es anderweitig herholen oder eben so lange weiterspielen, bis ich alles weiß, was ich wissen muss.
Mir ist auch klar, dass vor allem freie Mitarbeiter heutzutage absolut beschissen bezahlt werden und sich entsprechend nicht unzählige Stunden in einen Bericht reinhängen. Aber das ist noch lange kein Grund so einen halbherzigen Text zu verfassen, für den man sich eigentlich schämen müsste. Wie soll man so was gegenüber den Lesern verteidigen? Ach genau: Gar nicht. Die meisten Redakteure verschmähen ja immer noch den Besuch der Kommentare. Und wenn ich keinen Spaß mehr an der Arbeit habe beziehungsweise nicht mehr stolz darauf sein kann auf das, was ich produziere, dann sollte ich mir vielleicht mal ernsthaft überlegen den Beruf zu wechseln oder zumindest versuchen die Situation irgendwie zu verbessern. Ich habe dafür absolut kein Verständnis und das nicht nur im Journalismus-Bereich, sondern auch bei uns in der Firma. Und nein, ich habe garantiert nicht leicht reden. Ich arbeite genauso hart wie jeder andere für meine Erfolge. Habe genauso meine schlechten Tage und mache auch öfters mal den einen oder anderen kleinen wie großen Fehler. Hin und wieder mag etwas Glück dabei sein, aber zugeflogen kommt mir genauso wenig etwas wie euch.
Fazit
Es ist denke ich klar, was ich sagen mit all dem Text möchte: Es läuft im Bereich des Spielejournalismus so einiges schief. Während bei Siemens oder der Deutschen Telekom wochenlang/jahrelang über Betrugsverfahren berichtet wird (und die Verantwortlichen am Ende dann doch davonkommen), bleibt der Dreck vor der eigenen Türe liegen. Und das nicht erst seit heute und auch nicht unbedingt so offensichtlich, dass jemand mit Werbeprodukten vor der Kamera sitzt. Es sind nämlich nicht die jungen, die das angefangen haben. Sondern die Veteranen leben das Verhalten vor und die Neueinsteiger akzeptieren es als gängige Praxis oder können gar nicht anders, als mitzumachen, um nicht auf der Strecke zu bleiben. Entsprechend schwer ist es das Verhalten wieder rauszubekommen. Selbst ich besitze wie erwähnt keine weiße Weste, trotz all meinem noch vorhandenen Idealismus. Entsprechend traurig ist, dass die Diskussion schon wieder abgeklungen ist und zwar ohne, dass sich irgendwo etwas getan hat.
Ihr seid gefragt!
Es liegt am Ende des Tages also mal wieder am Nutzer, der mit seinem Geld und seiner Stimme entscheiden muss. Aber nicht, indem er unter jedem Test schreibt “ihr seid doch gekauft!!!!!1111elf” oder “Seite A hat es aber besserschlechter bewertet als ihr!”. Nein, konstruktive Kritik muss es sein. Wenn euch Ungereimtheiten auffallen, dann diese beim Namen nennen. Wenn mal wieder ein Magazin von einem großen Event berichtet, sofort nach- und hinterfragen was da sonst noch so los war. Und generell einfach das Thema in den Sichtbereich der Verantwortlichen bringen.
Sollte ich hingegen mal wieder was (regelmäßig) machen, werde ich in Zukunft definitiv noch stärker mein eigenes Tun hinterfragen. Ich denke zwar, dass ich in der Vergangenheit schon ziemlich gute Arbeit geleistet habe, aber es ist nie zu spät es noch besser zu machen. Und nein, ihr sollt mir jetzt nicht in den Kommentaren gut zureden oder so was. Ihr wisst doch, dass ich das nicht mag. Mich interessiert stattdessen eure persönlich Sicht der Dinge zum Thema. Gibt es ein Magazin oder Redakteur, dem ihr komplett vertraut? Gab es Artikel, wo auch ihr gedacht habt “Das meint er nicht ernst, oder?”, unabhängig davon, ob ihr gleicher Meinung mit dem Autor wart? Seht ihr generell eine kritische Entwicklung, oder geht euch das alles am Hintern vorbei?