Nach dem wahllosen Spielegeblubber der letzten Woche, fahren wir heute zum Ausgleich das absolute Gegenprogramm auf und unterhalten uns gezielt über ein paar Titel, die mich in der letzten Woche so beschäftigt haben. Lasst uns also gar nicht so viel mehr Zeit mit der Einleitung verschwenden und stattdessen loslegen:
Section 8 (2009; PC, X360, PS3) – Das Spiel hat die fragwürdige Ehre das erst zweite Spiel in der Geschichte von Bagdadsoftware/Beim Christoph zu sein, das eine Wertung von erhält (Nummer 1 war AirStrike II: Gulf Thunder). Zugegeben: Ich konnte nur den Einzelspielermodus (Kampagne sowie Multiplayer mit Bots) spielen weil die Server mit dem Untergang der TimeGate Studios anno 2013 abgeschaltet wurden. Ich kann mir aber ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass es Online wirklich so viel mehr Laune gemacht hat.
Spaßlos auf fremden Planeten
Zwar gibt es ein paar nette Ideen, die erst später ihren Weg in andere AAA-Titel gefunden haben wie beispielsweise die Möglichkeit aus dem Orbit auf das Schlachtfeld zu “droppen” (Titanfall) oder im Conquest-Modus nicht nur einfach Basen zu erobern und zu halten, sondern durch Abschüsse und das Erfüllen von (dynamischen) Missionen (“Beschütze den VIP” oder “Sammele die Wrackteile auf”) Geld zu verdienen und Verteidigungstürme oder Versorgungsstationen zu bauen. Gleichzeitig dürft ihr euren Charakter sehr stark individualisieren (geht ihr mehr auf Schnelligkeit oder doch lieber auf mehr Panzerung und sowas). Und die Bots machen im Mehrspieler auch einen halbwegs guten Job. Aber es macht einfach überhaupt keinen Spaß. Und zwar aus einem ganz wichtigen Grund:
Die Waffen sind alle absoluter Scheißdreck. Da sind die Plastikknarren eines Half-Life 2 im Vergleich das Non-Plus-Ultra und ihr wisst ja, wie sehr ich die hasse. Teilweise mehrere Magazine müsst ihr in eure Gegner entleeren, um sie zur Strecke zu bringen während die Bots (vor allem in der Kampagne) umgekehrt euch mit 3-4 Treffern über den Jordan schicken. Wenn ich Gegner lieber umgehe, als mich auf einen Kampf mit ihnen einzulassen, dann läuft in einem Shooter definitiv irgendetwas falsch. Hinzu kommt das höchstens mittelmäßige und grafisch langweilige Leveldesign, das ich schon vier Jahre zuvor in Battlefield 2 besser gesehen habe (und dort waren gefühlt die Karten auch noch einmal ein gutes Stück größer).
Ein Witz
Die größte Frechheit ist aber definitiv die Kampagne mit ihren acht “Missionen” (ich habe auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad gespielt wegen dem GfWL-Achievement). Sie als Tutorial für den Mehrspielermodus zu bezeichnen ist noch freundlich ausgedrückt. Es sind nicht anderes als Botmatches mit schlechter KI und einer Prise Hintergrundgeschichte. Das wäre in sich sicherlich okay, wenn ich tatsächlich wüsste um was es geht. Aber ihr werdet einfach reingeworfen, bekommt gesagt “das ist der Bösewicht”, den ihr am Ende besiegen müsst und das war es. Ich glaub’ ich war am Ende nach maximal 2 Stunden (netto) durch und extrem froh drüber. Am längsten Zeit hat mich die 4. Mission gekostet, in der ihr einen Convoy über eine Brücke eskortieren müsst. Hier kommt dann alles zusammen: Gegner, die einfach nicht tot umfallen wollen und Bots, die aktiv Selbstmord begehen.
Das meine ich absolut ernst. Alle vier Fahrzeuge sind mit Area-of-Effect-Waffen ausgestattet, um sich zu verteidigen. Und was machen sie? Sie schießen so nah vor sich damit, dass sie zum einen mich töten und zum anderen sich selbst. Der erste Panzer ist schon kaputt, da hattet ihr noch gar keinen richtigen Feindkontakt! Und natürlich hält der Conboy nicht an und gar nix, sondern fährt stur im zügigen Tempo zum Ziel bevor ihr die nächste Gegnerwelle ausschalten konntet. Das führt dazu, dass eure Teammitglieder noch am Anfang des Levels stehen und sich bekriegen während ihr alleine vorne seid und ums Überleben kämpft (in zweierlei Hinsicht) während ALLE und zwar ausnahmslos ALLE Gegner nur auf euch schießen, sobald ihr auf sie zielt. Somit ist die Lösung, um diesen Level zu bewältigen relativ simpel: Lenkt das gesamte Feuer auf euch in der Hoffnung, dass ihr lang genug überlebt, bis zumindest ein Transporter die Ziellinie erreicht. Was hat mich diese Mission an Nerven gekostet. Und sie ist auch der größte Grund für die vernichtende Wertung.
Ein zweiter Witz
Hinzukommt in der Kampagne die Tatsache, dass euer Ableben keinerlei Konsequenzen hat. Abseits der Zerstörung aller Fahrzeuge im Convoy in der erwähnten Mission, gibt es keinen richtigen “Verloren”-Status. Sterbt ihr, droppt ihr einfach 10 Sekunden später wieder und versucht erneut euer Ziel zu erreichen. Das macht besonders das “große Finale” witzlos. Zwar teilt der Boss mächtig aus, aber ihr bekommt immer 2-3 Raketen abgefeuert, bevor ihr sterbt. Und Lebensenergie regeneriert er nicht. Wie ich ihn besiegt habe, könnt ihr euch denken.
Das “Konsequenzen-frei Sterben” hat sogar für euch als Spiel einen massiven Vorteil: Euer Drop beginnt zwar immer an einem festen Spawnpunkt, ab einer bestimmten Höhe über den Boden könnt ihr jedoch den Fall steuern. Wenn wir jetzt also davon ausgehen, dass euer nächstes Missionsziel 500m vom derzeitigen Spawnpoint entfernt ist, könnt ihr direkt dort landen und es erfüllen, ohne auch nur einen einzigen Gegner ermorden zu müssen (die hängen ja bei euren Teammitgliedern rum). Wie war das? Spiele bieten heutzutage keine Herausforderung mehr? Volle Zustimmung! Das ist übrigens auch der Grund, warum ich so schnell mit der Kampagne fertig war. Wobei die durchschnittliche Spiellänge laut HowLongToBeat jetzt auch nur bei 3-4 Stunden liegt.
Beim Christoph meint: Ich glaube zwar nicht, dass ihr noch vorhattet diesen Titel zu ertragen geschweige denn zu kaufen, aber sicherheitshalber: Lasst einfach die Finger davon. Ihr habt überhaupt nichts verpasst, wenn ihr Section 8 nicht gespielt habt. Und wie gesagt sind auch keine Onlineserver mehr verfügbar.
Mich wundert es nach dem Spielen ernsthaft, dass der Titel zum einen noch eine Wertung im niedrigen 70iger erhalten hat und zum anderen sich anscheinend so gut verkauft hat, dass ein Nachfolger als wirtschaftlich eingestuft wurde. Selbst grafisch (Unreal Engine 3) ist der Titel aus meiner Sicht nicht der beste Vertreter seiner Generation (siehe optisch langweilige weil einseitige und leere Levels).
Section 8: Prejudice (2011; PC, PS3, X360) – Und da haben wir auch schon diesen besagten Nachfolger, der nur rein digital veröffentlicht wurde und bei dem ebenso keine Onlineserver mehr zur Verfügung stehen (obwohl er noch verkauft wird!). Den habe ich zwar noch nicht durch (erst gut zwei Stunden gespielt sowohl Offline-Multiplayer als auch Kampagne) aber ich kann schon jetzt sagen: Section 8: Prejudice ist um Welten besser als sein Vorgänger und zwar in allen Belangen.
Es fängt schon beim Thema “Waffen” an, was mich neben der Eskort-Mission im Vorgänger am meisten störte: Sie tun jetzt tatsächlich was! Vorbei die Zeiten wo das Magazin plötzlich leer war und nicht einmal das Schild durchdrungen war. Jetzt fühlt es sich tatsächlich wie ein halbwegs anständiger Shooter an. Die zusätzliche Auswahl begrüße ich ebenso. Also technisch gesehen ist das Waffenarsenal nicht allzu viel größer geworden. Aber für alle Waffen stehen nun verschiedene Konfigurationen zur Verfügung – logischerweise mit ihren Vor- und Nachteilen. Soll es das Maschinengewehr mit dem Zielfernrohr sein, das auch auf längeren Entfernungen noch was taugt aber dafür nicht ganz so stark reinhaut oder doch eher die Variante mit PP-Muntion? Schick.
Völlig anderes Spielgefühl
Die Kampagne wurde genauso vollständig überarbeitet. Zum einen sind es jetzt nicht einfach mehr nur die Mehrspielerkarten, sondern tatsächlich größtenteils eigene Levels mit entsprechend besser spürbarer Progression. Zum anderen hat euer Tot jetzt Konsequenzen. Welche das sind? Nun, die Mission gilt automatisch als gescheitert und ihr müsst vom letzten Checkpoint beginnen. Perfekt. Nimmt zwar das ganze “Oribal Drop”-Thema etwas aus der Kampagne heraus. Aber darauf kann ich locker verzichten, wenn dafür die Sache etwas zusammenhängender ist. Gilt übrigens auch für die Geschichte. Die setzt zwar direkt an das (unzufriedene) Ende des 1. Teils an, hat aber einen natürlicheren Flow, der klarer macht, worum es überhaupt geht.
Die paar Runden Mehrspielermodus, die ich bislang gespielt habe, machten auch wesentlich mehr Laune. Ich kann nicht oft genug betonen, welchen massiven Unterschied es macht, wenn ich etwas in der Hand halte was sich nicht anfühlt wie eine Wasserspritzpistole. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass die KI auf beiden Seiten etwas intelligenter geworden ist und nicht mehr nur drauf setzt, euch mit einem Schuss über den Jordan zu schicken (das machen jetzt nur noch Scharfschützen). Der Conquest-Modus kehrt zurück und unter anderem neu dazu gibt es einen Horde-Modus, in dem ihr für 15 Minuten einen Außenposten gegen Gegnerwellen verteidigen müsst.
Beim Christoph: So muss ein Sequel aussehen. Also genauer gesagt, hätte so schon der erste Teil aussehen sollen. Aber ich will ja nicht kleinlich sein. Das Fehlen von Onlineservern macht eine Kaufempfehlung natürlich ziemlich unmöglich. Dennoch: Sollte es tatsächlich mal für den ganz kleinen Preis auf Steam sein (äußerst unwahrscheinlich wegen der Rechtesituation), dann kann man mal zuschlagen solange GfWL noch online ist und eine Handvoll Stunden Spaß damit haben. Es steht aber außer Frage, dass es auch für Teil 2 ziemlich viele bessere Alternativen gibt. Heute noch mehr als damals.