Sicarius

Diskussion: Warum spielen wir?

Besucher G: “Weil es in der Natur des Menschen liegt, du Depp! Das kann dir jeder Hobby-Psychologe erzählen!”

Das ist natürlich korrekt, lieber fiktiver Besucher, dem ich wahllos Worte in den Mund lege. Aber lass mich doch erst einmal ausreden. Ich meine nicht unseren grundsätzlichen “Zwang” zu spielen, sondern die Gründe, die uns jeweils ein Spiel starten lassen. Geht es uns darum eine Periode der Langeweile zu überbrücken (klassisches Warten an der Bushaltestelle beispielsweise)? Wollen wir uns von etwas Ablenken beziehungsweise im Extrem der realen Welt für kurze Zeit entfliehen? Reizt es uns in eine Welt einzutauchen und in einen Charakter zu schlüpfen, den wir im echten Leben nicht sein können? Und so weiter und so fort.

Natürlich hängt es vom Tag, der Stimmungslage und dergleichen ab, welcher der Gründe jetzt der aktuelle Anlass ist auf das Icon von Barbies Abenteuer auf dem Ponyhof zu klicken. Aber was glaubt ihr, ist der Hauptgrund, warum ihr überhaupt angefangen habt euch mit Videospielen zu beschäftigen und was ist der größte Reiz für euch heutzutage ein Videospiel zu starten statt beispielsweise ein Buch zu lesen?

Als ich vor neun Monaten den letzten Eintrag dieser Art verfasst hatte, erwähnte ich, dass meine Sammlung an Spielesoundtracks mittlerweile über 750 Alben umfasst. In der Zwischenzeit ist die Sammlung bereits auf 846 Stück angewachsen. Humble Bundle, Game Music Bundle (im letzten Bundle waren 19 Soundtracks enthalten!), die generell gestiegene Bereitschaft von Entwicklern ihren Spielen wieder vermehrt einfach so die Soundtracks beizulegen (zumindest auf Steam) sowie die Möglichkeit dank Shops wie Bandcamp oder iTunes selbst als Publisher aufzutreten – so einfach war es noch nie an die begehrten Tracks zu kommen und ihnen auch außerhalb des Spiels zu lauschen und gleichzeitig den Komponisten zu unterstützen (früher hat man die Tracks einfach aus den Spieldateien “gerippt”).

Selbstverständlich ist unter dem großen Angebot auch so einiger Schund (egal ob AAA-Titel oder Indie-Werk). Speziell bei den Bundles ist die Hit/Miss-Rate zwischen langweiligem Gepiepse und epischem Meisterwerk eher negativ. Aber für jeden Soundtrack, den ich nur einmal grad so ertrage (ja, du bist gemeint Jeremy Soule), gibt es eine Überraschung (weil ich vom dazugehörigen Spiel noch nie gehört habe), die anschließend tagelang im Auto, auf der Arbeit und Zuhause hoch- und runterläuft. Entsprechend lassen wir heute mal den Mainstream komplett außen vor und widmen uns ausschließlich fünf gelungenen Indie-Werken. Stellt euch also ein Glas Wein bereit, zieht das T-Shirt mit dem ironischen Insider-Spruch an, setzt eure Hipster-Brille auf und lasst euch berieseln!

Famaze (Cover)

Famaze (Cover)

Famaze (2013)

Komponist: Disasterpiece (Bit.Trip Presents Runner 2: Future Legend of Rhythm Alien)
Umfang: 00:22:59 (17 Lieder)
Mögliche Bezugsquelle: Bandcamp (4 US-Dollar)

Rich Vreeland, besser bekannt als Disasterpeace, ist in der Indie-Szene schon lange ein bekannter Name (sein erstes Werk erschien 2007). Er arbeitet hauptsächlich mit Elektronik, ist aber kein klassischer Chiptune-Künstler, wenngleich auch er auf den ein oder anderen Klassiker aus der 8bit- und 16bit-Ära zurückgreift, um sich Inspiration zu holen. So erinnert das Stück The Knight auf diesem Album überrascht stark an George Alistair Sangers Kompositionen für Wing Commander und Into The Maze könnte so auch in einem Westwood-Rollenspiel oder Sierra-Adventure (King’s Quest vermutlich) vorkommen. Aber auch insgesamt weckt das Werk Erinnerungen an vergangene Fantasy-Rollenspiele ohne aber großartig in das übliche und oftmals nervtötende Nintendo-Gepiepse zu verfallen. Stattdessen wird Altes in modernem Gewand präsentiert und zu einem angenehmen Hörerlebnis geformt.

Persönliches Lieblingslied: Track 10 – The Laboratory [01:15] (Anhören)

Ein kurzes aber dafür äußerst tragisch klingendes Stück, das bei mir sofort Erinnerungen an Ben Crossbones Score zu Organ Trail weckt aber im Vergleich sauberer, klarer und damit auch ein Stück weit interessanter klingt. Das simple Motiv mit seiner Mischung aus Elektronik und Klavier bohrt sich sofort in meinen Kopf, erzeugt ein Gefühl von Anspannung und Furcht und lässt mich mit der spannenden Frage zurück, was im namensgebenden Labor gerade passiert ist während im nachfolgenden Stück sphärische und stark dissonante Töne auf mich einströmen.

 

Interstellar Marines: The Begining (Cover)

Interstellar Marines:
The Begining (Cover)

Interstellar Marines – The Beginning (2012)

Komponist: Nicolai Grønborg
Umfang: 00:34:48 (9 Lieder)
Mögliche Bezugsquelle: Amazon (8,49 Euro)

Der Name ist Programm und das Ergebnis im Vergleich zu den anderen vorgestellten Soundtracks ein eher klassisches Orchesterwerk. Ein klassischer Orchester-Sound mit einem Hauch Elektronik und viel epische Schwere wie man sie aus dem Bereich der Militärmusik (inklusive diversen Choreinlagen) erwarten euch auf diesem Album. Speziell Prologue könnte ohne Probleme als Einstieg für den nächsten Brad-Pitt-im-zweiten-Weltkrieg-Blockbuster dienen – was ich aber an dieser Stelle nicht negativ meine. Ich möchte damit stattdessen ausdrücken, dass Grønborgs Werk sich auf einem hohen Niveau bewegt und der traditionellen Soundtrack-Kurve aus starkem Einstieg, sanften Mitteltönen und erinnerungswürdigem Finale folgt, die euch die 35 Minuten lang locker bei der Stange hält.

Persönliches Lieblingslied: Track 07 – Ray Of Hope [03:01] (Anhören)

Bereits das Intro weckt starke Erinnerung an Deus Ex und schafft es so mich sofort tiefer in diese Science-Fiction-Welt hineinzuziehen, bevor das Motiv fast vollständig in den Hintergrund verschwindet, um dem klassischen Sound eines Two Steps From Hell Platz zu machen und eine sanfte, unterschwellige Dramatik zu erzeugen. Und das gefällt mir offensichtlich immer gut.

 

Light (Cover)

Light (Cover)

Light (2014)

Komponist: Gavin Harrison (Blast Em!)
Umfang: 00:35:49 (9 Lieder)
Mögliche Bezugsquelle: Bandcamp (3,49 Britische Pfund)

Der Untertitel dieses Spiels aus dem Hause Team17 ist “Sneak – Hack – Steal” entsprechend ist es wenig verwunderlich, dass euch auf diesem Album eher atmosphärische Elektronik erwartet – mit einem leichten TRON-Cybertouch. Vergleiche zu Introversions Uplink sind angemessen, allerdings ist Harrisons Werk im Vergleich dann doch dynamischer und, im Vergleich, actionreicher. Während euch Introversion das Gefühl geben wollte in einem stillen Kämmerlein heimlich vor euch hinzuhacken, geht Light mehr den Hollywood-Weg und macht aus dem Rumschleichen und Hacken ein nervenaufreibendes Katz-und-Mausspiel. Das spiegelt sich entsprechend auch im Soundtrack wieder, der neben den eher gemächlicheren aber spannungsgeladenen Stücken wie Consciousness auch schnelleres Material wie Escape zu bieten hat und damit einen starken Kontrast zu meinem Allzeitklassiker Uplink bildet.

Persönliches Lieblingslied: Track 09 – Light (Instrumental) [03:52] (Anhören)

Nichts gegen Rachel Dey, sie hat eine wundervolle Stimme, aber die Instrumental-Version des Themes gefällt mir dann doch noch ein gutes Stück besser. Sie kommt von allen Stücken am nächsten an das heran, was ich dank Introversion mittlerweile in einem Hacking-Spiel erwarte: Ruhige oder gar beruhigende, monotone Motive ohne große Höhepunkte, die es aber dennoch schaffen abwechslungsreich zu wirken. Das verträgt sich einfach nicht mit viel Gesang (Chor ist im Hintergrund hier und da leicht zu hören).

 

Stealth Bastard (Cover)

Stealth Bastard (Cover)

Stealth Bastard: Tactical Espionage Arsehole (2012)

Komponist: Ricky Honmong und Samuel Robinson
Umfang: 01:28:31 (24 Lieder)
Mögliche Bezugsquelle: Bandcamp (5 US-Dollar)

Noch ein Titel der sich mit dem Thema “Schleichen” beschäftigt und entsprechend schon fast klischeehaft von Elektronik dominiert und in den hinteren Abschnitten des Albums sogar äußerst Chiptunig wird. Man könnte fast meinen einen roten Faden zu entdecken. Ricky Honmong und Samuel Robinson legen jedoch eine weit härtere Gangart ein als Gavin Harrison bei Light. Der Stealth Bastard ist für Kleinigkeiten offensichtlich nicht zu haben, sondern gibt immer alles. Entsprechend sind selbst die ruhigeren Momente mit extrem basslastigen Beats hinterlegt und äußerst dynamisch. Die rund 1 1/2 Stunden kommt ihr somit nie richtig zur Ruhe. Es fängt hart an und hört genauso auf und zwar ohne große Pausen, um dem Adrenalinspiegel die Chance zu geben sich wieder ein wenig zu beruhigen. Dennoch klingen die Stücke erfreulich unterschiedlich und sind nicht einfach nur ein Bassgewitter nach dem anderen.

Persönliches Lieblingslied: Track 02 – Cut Throat [03:42] (Anhören)

Eines der vergleichsweise ruhigeren Stücke auf dem Album, erwartet euch ein eingängiges und spannungsgeladenes Motiv, das gelungen den Ton für das restliche Werk setzt und gleichzeitig etwas an Hotline Miami erinnert. Auch der Name passt perfekt zu diesem Vergleich zwischen dem kaltblütigen Psychopathen und dem nicht weniger gnadenlosen Schleicher auf seiner Mission, die beide gezielt und ohne Rücksicht auf Verluste ihrem Tagewerk nachgehen.

 

Zombies (Cover)

Zombies (Cover)

Zombies / Corporate Lifestyle Simulator (2012)

Komponist: Bignic (Zenzizenzic)
Umfang: 01:55:26 (36 Lieder)
Mögliche Bezugsquelle: Bandcamp (5 US-Dollar)

Dieser Score ist so abstrus wie das Spiel (alle Manager sind plötzlich Zombies und ihr seid der einzige Angestellte, der in der Lage ist das Büro zu säubern), für den er komponiert wurde und vereint die unterschiedlichsten Stile nicht nur auf der CD, sondern innerhalb der einzelnen Stücke. Von Rock über Funk, Pop und Elektro hin zu Dance, Dubstep und Chiptune ist alles vertreten (inklusive einer Vielzahl unterschiedlicher Instrumente), was sich halbwegs gut kombinieren lässt. Dabei ist der grundlegende Stil, anders als man vielleicht beim Titel zuerst vermuten mag, definitiv eher leichtherzig und nur hier und da mit traurigen Untertönen besetzt. Das macht den Score zusammen mit der grundlegenden Abwechslung, die er in den 2 Stunden bietet, zu einem leicht verdaubaren Hörerlebnis (lasst euch vom Kopfhörer-zerstörenden Intro des Main Theme nicht irritieren!) bei dem man locker ein paar Zombies töten oder zumindest die Wohnung säubern kann. Unbedingt mal reinhören – und das Spiel ist auch ganz nett.

Persönliches Lieblingslied: Track 03 – Purpose [03:50] (Anhören)

Ich habe zwar keine Ahnung von Clubs, behaupte aber mal, dass dieses Lied durchaus als eine Art Party-Song durchgehen könnte (trotz des etwas düsteren Grundmotivs). Der piepsige Refrain ist zwar mitunter etwas anstrengend für die Ohren, das hält mich aber nicht wirklich davon ab automatisch und unbewusst meinen Körper beim Hören in Bewegung zu setzen. Und mehr muss es ab und zu gar nicht sein.

 

Ich wünsche viel Spaß beim Reinhören und freue mich über eure Meinung zu den vorgestellten Alben (Disclaimer: Ich nehme mir selbstverständlich bei negativer Kritik das Recht heraus euch als Kunstbanause zu beschimpfen, der keine Ahnung von guter Musik hat :smile: ). Gleichzeitig freue ich mich immer über eure Hörtipps. Also nicht scheu sein und eure Lieblingsmugge in die Kommentare packen! Auch ich kenne bei weitem noch nicht alles.

Angesichts des Todes von Leonard Nimoy vergangenen Freitag, ist es denke ich heute an der Zeit mal eine etwas lockerere Frage zu stellen: Wer ist aus eurer Sicht der beste erste Offizier im Star Trek-Universums und warum? Zur Erinnerung:

  • Commander/Captain Spock (Star Trek: The Original Series)
  • Commander William T. Riker (Star Trek: The Next Generation)
  • Major/Colonel Kira Nerys (Star Trek: Deep Space Nine)
  • Commander Chakotay (Star Trek: Voyager)
  • Subcommander/Commander T’Pol (Star Trek: Enterprise)

Nebenschauplätze, Einmalauftritte, Zukunftsversionen sowie Filme, von deren Existenz ich nichts wissen möchte (die Reboots) sind von der Auswahl ausgenommen (also beispielsweise kein Lieutnant Commander Worf als erster Offizier der USS Defiant).

Und solltet ihr nichts mit Star Trek am Hut haben: WARUM NICHT?! :smile:

Star Trek: The Original Series (Promo. Paramount)

Star Trek: The Original Series (Promobild. Paramount)

Ich war und bin nicht der größte Fan von Star Trek: The Original Series und der Crew rund um Donjuanist James T. Kirk. Die wirklich guten Folgen, die tatsächlich für knapp 60 Minuten unterhaltsam sind oder zumindest einen tieferen Sinn haben, liegen weit auseinander und sind extrem schlecht gealtert. Staffel 3 steht bei mir sogar auf gleicher Stufe mit Staffel 8 von 24 in Bezug auf die Tatsache, dass ich mich bis heute nicht überwinden konnte sie komplett fertig zu schauen. Spock’s Brain ist schlicht die grottigste Folge einer TV-Serie aller Zeiten. Aber selbst bei den restlichen Folgen verspüre ich kein großes Bedürfnis sie noch einmal zu erleben. Das gilt auch für Star Trek: The Motion Picture (von Star Trek V: The Final Frontier brauchen wir bekanntlich nicht zu reden). Bevor ich mir den noch einmal antue, lege ich dann doch lieber gleich 2001: A Space Odyssey ein, den ich gleichermaßen für ein völlig überbewertetes Kubrick-Werk halte.

Mein erster Kontakt mit Leonard Nimoy dürfte entsprechend weniger durch Wiederholungen von Raumschiff Enterprise im ZDF stattgefunden haben als durch Wiederholungen von Kobra, übernehmen Sie! (Mission: Impossible) bei der ARD sowie seinem Gastauftritt bei Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert (eine der besten Doppelfolgen der Serie!) beim ZDF. Ja, damals Ende der 80iger und Anfang der 90iger waren die öffentlich-rechtlichen Sender noch zu gebrauchen. Können sich die Jüngeren unter uns vermutlich gar nicht mehr vorstellen, dass man mal freiwillig das erste oder zweite Programm eingeschaltet hat. Ich kann es auch nicht mehr glauben, obwohl ich live dabei war! Aber ich schweife ab. Ich wollte schließlich noch die (leider wenigen) guten Star Trek-Videospiele wie die beiden Adventure Star Trek: Judgment Rites (1993) und Star Trek: 25th Anniversary (1992) erwähnen, in denen seine Stimme zu hören ist und die ich in meinen prägenden Kinderjahren gespielt habe.

Sein Vermächtnis

Star Trek III: The Search for Spock (Promobild, Paramount)

Star Trek III: The Search for Spock (Promobild, Paramount)

Entsprechend war mir lange Zeit nicht wirklich bewusst (und ist es wahrscheinlich bis heute nicht in vollem Umfang), welche Auswirkungen Nimoy auf das Franchise hatte. Seine Entscheidung aus dem “Guggt mal, wir haben ein stereotypisches Alien in unserer Crew”-Wegwerfcharakter Spock eine interessante und facettenreiche Person zu machen, mit der sich Millionen von Menschen identifizieren können, war sicherlich nicht so geplant (angeblich ist es spontan passiert als er in einem Take “Faszinierend!” sagen sollte und es dabei quasi “klick” machte). Es lässt sich aber nicht leugnen, dass Spocks Tod am Ende von Star Trek II: The Wrath of Khan selbst härtesten Männern die Tränen kommen lässt und nur dank seines Darstellers daraus eine der besten Filmtrilogien (Teil 2 sowie Star Trek III: The Search for Spock und Star Trek IV: The Voyage Home, bei denen er Regie führte) aller Zeiten wurde.

Von daher lehne ich mich gerne aus dem Fenster und behaupte, dass Spock beziehungsweise sein reales Ich einen großen Anteil daran hatte, dass Star Trek überhaupt zu einem Franchise wurde, geschweige denn überhaupt erst eine dritte Staffel der The Original Series produziert worden war. Gleichzeitig war er für mich nie einfach nur der Typ in der blauen Uniform und den lustigen Ohren, eben weil mein Kontakt mit dem Original lange Zeit nicht großartig vorhanden war. Mir bleibt er stattdessen vor allem als ein Mann in Erinnerung, der den Eindruck machte als würde er ewig leben. Natürlich bekam sein Gesicht immer mehr Falten und seine beruhigende Stimme wurde kratziger (allerdings dadurch noch wesentlich “cooler”). Aber er wurde 83, hatte ein erfülltes Leben und war entsprechend bis zuletzt omnipräsent in allen Medien.

Die Stimme

Leonard Nimoy (Foto von Gage Skidmore via Wikipedia)

Leonard Nimoy
(Foto von Gage SkidmoreCC BY-SA 3.0)

Für mich war Nimoy somit auf gewisse Art vor allem der weise Mann, der auf dem Berg in einer Höhle sitzt und seine Prophezeiungen verkündet. Doch anders als beim stereotypischen Ende-der-Welt-Verkünder, habe ich ihm seine wohlbedachten, besonnen Worte abgenommen, die er mit ruhiger und fast schon monotoner Stimme vorbrachte oder über seine Gedichte verbreitete. Er hatte schlicht etwas zu sagen im Gegensatz zu beispielsweise einem William Shatner (schaut euch unbedingt mal Mind Meld: Secrets Behind the Voyage of a Lifetime an, um den direkten Kontrast zwischen beiden engen Freunden zu sehen). Somit steckte in ihm am Ende doch mehr Spock, als er sich anfangs zugestand (seine erste Biographie aus dem Jahre 1977 trug den Titel I Am Not Spock, seine zweite anno 1995 dann I Am Spock). Und er hauchte damit im Laufe seines Wirkens auch vielen anderen Charakteren Leben ein.

Ich könnte mir beispielsweise die ältere Version (versucht erst gar nicht das zu verstehen. Kingdom Hearts hat extrem viel mit Zeitreisen und Quasi-Widergeburten zu tun) von Xehanort, dem Hauptbösewicht der Serie, ohne Nimoy schlicht nicht vorstellen. Diese verquere, pseudo-philosophische Gelaber von der Kraft der Herzen würde aus jedem anderen Mund vermutlich lachhaft klingen (und tut es auch bei dem einen oder anderen Charakter der Serie). Von daher hoffe ich inständig, dass er vor seinem Tod noch alle Zeilen für Kingdom Hearts III aufzeichnen konnte, um die Geschichte des Charakters anständig zu Ende zu bringen (Teil 3 soll der finale Showdown zwischen Sora und Xehanort sein). Tragisches Detail: Der japanische Synchronsprecher des Charakters, Chikao Ōtsuka, ist bereits im Januar gestorben. Er wurde 85.

Reise in die Unendlichkeit

Es klingt sicherlich schnuzlig, aber es gibt nur wenige mir nicht persönlich bekannten Menschen, die ich dennoch tatsächlich vermissen werde. Leonard Nimoy gehört definitiv dazu. Ich weiß nicht auf welche Art und Weise er mich in den letzten 20-25 Jahren geprägt hat. Aber das spielt auch keine Rolle. Wichtig ist nur das Wissen, dass er und seine Charaktere einen noch so kleinen Einfluss auf mein Leben hatten. Und dafür bin ich ihm auf immer und ewig dankbar.

Live long and prosper, Leonard Simon Nimoy.

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