Das war also die erste Staffel von Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert*. 26 Folgen mit durchschnittlich 45 Minuten Laufzeit. Und um den sinnlosen Vergleich zu bringen: Raumschiff Enterprise – Staffel 1 hatte 29 Folgen mit einem Umfang von jeweils rund 50 Minuten.
Der Ruf der ersten Staffeln mit den Abenteuern von Captain Picard & Crew ist unter Fans definitiv nicht der beste. Und nach den ersten paar Folgen habe ich tatsächlich mit ins gleiche Horn geblasen. Ich hatte unserem Azzkickr sogar geschrieben, dass es hart mit anzusehen ist wie schlecht Deanna Troi und Natasha Yar behandelt werden. Die Doppelfolge zum Einstieg ist trotz John de Lancies Q eine echte Qual. An Gedankengift ist nur nett, dass es quasi eine Fortsetzung von Implosion in der Spirale aus der ursprünglichen Serie ist. Leider sind beide Folgen nicht einmal im Ansatz begeisterungswürdig. Und die 4. Episode, Der Ehrenkodex, ist schlicht lächerlich – und vermutlich heutzutage sogar etwas rassistisch wegen ihrer Darstellung einer klar afrikanisch-inspirierten und auf Ehre basierten Gesellschaft. Und ja, Wesley Crusher ist der nervige Charakter wie wir ihn alle in Erinnerung haben. Übrigens ist er angeblich ein sogenannter “Self-Insert” von Gene Roddenberry. Also eine Personifikation von ihm im Star-Trek-Universum. Das erklärt warum er so viel Aufmerksamkeit bekommt, als “Auserwählter” dargestellt wird und hier und da das Deus Ex Machina sein darf. Trotzdem macht ihn diese Erkenntnis nicht wirklich erträglicher. Die Kombination aus “Kind” und “Besserwisser” ist selten gut, egal wo sie auftritt. Immerhin kommt er weniger häufig vor, als ich es in Erinnerung hatte.
Jetzt am Ende bin ich allerdings wesentlich positiver eingestellt – was mich zugegebenermaßen selbst überrascht hat. Andererseits ist mein letzter Durchgang schon über ein Jahrzehnt her und meine Erwartung zuletzt entsprechend eher vom Internet geprägt gewesen als von der Realität.
Besser als erwartet!
Ein Teil meiner Positivität ist sicherlich genau diesem Punkt geschuldet: Der lieben Erinnerung. Schon bei der ursprünglichen Sternenreise habe ich gemerkt, dass die ein oder andere Folge allein dadurch besser wurde, weil ich wusste “Das hat Auswirkungen auf später!” und ich so viel stärker mitgefiebert habe. In der ersten Staffel der neuen Abenteuer werden dahingehend sehr viel mehr Grundlagen gelegt, als ich gedacht hatte. So ist Picards erstes Abenteuer auf dem Holodeck, Der große Abschied, zugebenermaßen eine ziemlich holprige Angelegenheit. Aber es ist eben die Basis für viele fantastische Holodeck-Episoden, die noch folgen sollten. Und die erste Episode mit den Ferengi, Der Wächter, sprüht nur so vor 60iger-Jahre-Drehbuch-Flair – was explizit nicht positiv gemeint ist. Und doch habe ich sie nicht gänzlich als negativ im Gehirn abgespeichert. Ihr zweiter Auftritt vier Folgen später in Die Schlacht von Maxia machte sogar bereits eine wesentlich bessere Figur.
Ansonsten hatte ich beispielsweise nicht mehr in Erinnerung, dass Datas Bruder Lore sowie die fantastische Lawxana Troi bereits hier ihr Debüt hatten. Gleichzeitig die erste von vielen etwas lockeren, lustigeren Folgen der Serie. Und so dünn der rote Faden mit der Verschwörung bei Starfleet ist und so überraschend grausam er aufgelöst wurde (das hätte ich in einem Splatter-Film erwartet – nicht bei Star Trek) – es war cool zu sehen, dass sie bereits hier mit einer übergreifenden Geschichte experimentiert haben. Und als ich Vincent Schiavelli in Die Waffenhändler erblickte, habe ich in mich hinein gegrinst. Nicht, weil er wie gewohnt sehr amüsant rüberkommt. Sondern, weil ich ihn und seine besondere Art in den Videospielen von Westwood (vor allem Emperor: Battle For Dune) kennen und lieben gelernt habe. Es waren also unterm Strich in der ersten Staffel zwar ein paar Rohrkrepierer/völlig dämliche Geschichten wie Die schwarze Seele dabei aber insgesamt dann doch weniger, als ich erwartet hatte und diese hauptsächlich konzentriert in der ersten Hälfte der Staffel.
Neben den besseren Geschichten (erfreulich wenige Kämpfe gegen Götter, die Picard austragen muss) kommt freilich noch dazu, dass sich in den 30 Jahren, die zwischen Raumschiff Enterprise und dem nächsten Jahrhundert lagen, das Fernsehen stark weiterentwickelt hatte. Das grundlegende Tempo ist höher, die Ansichten und Kamerafahrten interessanter und die Gespräche dynamischer. In der ersten Staffel unterhalten sich mehr Leute während sie gehen als in der gesamten Originalserie, um es mal ganz übertrieben auszudrücken. Dazu kommt, dass die Technik natürlich viel weiter ist. Alles sieht imposanter und cooler aus, die Sets sind größer und ausschweifender und ein fester Bestandteil der Serie. Das lässt die Enterprise-D mehr zu einem Charakter werden als noch das Originalschiff, bei dem es zudem keine richtige Kontinuität gab (Stichwort “der Maschinenraum sieht so aus, wie er für die jeweilige Episode aussehen muss”). Außerdem wird mir als Zuschauer mehr geboten. Darunter mehr vom Inneren der Enterprise sowie mehr (noch vergleichsweise statische) Aufnahmen im Weltraum mit ihr und anderen Raumschiffen. Planetenaufenthalte sind zudem nur noch wenige von der Sorte “Studioset mit bunter Beleuchtung im Hintergrund und Pappmaché-Steinen”. Und die Action ist ebenfalls besser, wenn auch immer noch etwas steif hier und da.
Fazit
Alles in allem kann ich nach den 26 Folgen entsprechend nur festhalten: Die Zeit verging wie im Fluge und ich habe sie (fast) alle sehr gerne geschaut. Ja, der Einstieg war holprig. Aber die Crew in der ersten Folge unterscheidet sich bereits deutlich von der im Staffelfinale und auch die Qualität der Folgen ist spätestens in der zweiten Hälfte besser als (fast) alles was die Originalserie zu bieten hatte. TOS-Fans, die mich jetzt lynchen wollen, bitte eine Nummer ziehen und geordnet in einer Reihe aufstellen. Danke!
Vielleicht trübt aber genau das ein wenig mein “objektives” Urteilsvermögen, weil ich zuvor die Originalserie gesehen und somit den direkten Vergleich habe. Trotz Roddenberrys immer noch spürbarer Einflüssen kommt mir der Qualitätsunterschied zwischen beiden Serien möglicherweise so noch größer vor, als er tatsächlich aufgrund der geänderten TV-Umwelt ist. Und ja, ich bin mit dieser Crew aufgewachsen. Das spielt – wie von Azzkickr angemerkt – sicherlich ebenfalls eine entscheidende Rolle. Doch egal was die Gründe sind. Fakt ist: Die erste Staffel von Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert ist aus meiner Sicht bei weitem nicht so schlecht, wie gerne behauptet wird. Sie enthält bereits viele Elemente, welche sie zu einer fantastischen Star-Trek-Serie werden ließ und hat mehr solide bis gute Folgen als schlechte. Erwarten uns noch bessere und genialere Staffeln und verliert sie diesen Vergleich? Keine Frage. Was spätestens ab Staffel 4 alles an Registern gezogen wird – da kann die erste Staffel selbst in meiner nur noch diffusen Erinnerung an die späteren Folgen nicht mithalten. Schlechte Fernsehunterhaltung oder gar schlechte Star-Trek-Unterhaltung sieht für mich aber trotzdem ganz anders aus (siehe Raumschiff Enterprise).
Und auch Lysanda hat sie wesentlich besser gefallen als das Original – inkl. viel weniger Situationen, in denen sie etwas an den Handlungen der Personen auf dem Bildschirm auszusetzen hatte. Ja, Captain Picard lässt endlich nicht mehr einfach jeden auf die Brücke und strahlt echte Autorität aus im Gegensatz zu “Ich bin ein emotionaler Haudrauf und habe immer Recht”-Kirk . Dazu kommt, dass ich hier tatsächlich das Gefühl habe den Abenteuern einer Crew zu folgen. Denn seien wir mal ehrlich: Im Original spielten nur Kirk, Spock und ein bisschen McCoy eine Rolle. Alle anderen waren faktisch Nebenfiguren mit wenig Bildschirmzeit und keinerlei Charakterentwicklung. Hier hatte stattdessen schon jeder seine (mehr oder weniger gelungene) Zeit im Rampenlicht trotz der verständlichen Dominanz von Picard, Riker und Data. Ein weiterer Pluspunkt für die erste Staffel!
Epilog
Jetzt geht es logischerweise weiter mit der 2. Staffel – allerdings nicht direkt. Nach fünf Staffeln und sieben Filmen fordert Lysanda erst einmal eine Anime-Pause. Und zwar werden wir uns die (relativ) frisch erschiene Magia Record: Puella Magi Madoka Magica Side Story* anschauen. Dazu “müssen” wir aber vorher nochmal die Hauptserie Puella Magi Madoka Magica* konsumieren. Ist schon wieder ein paar Tage her, wo wir die verschlungen hatten, deshalb möchten wir unsere Erinnerung auffrischen. Dass es eine richtig gute Serie war, schadet da nicht . Aber mehr dazu dann vielleicht, wenn wir damit durch sind.