Diablo IV (Herstellerbild)

Obwohl ich die Welt der Kriegskünste wieder hinter mir gelassen habe, starte ich aktuell trotzdem immer noch häufig die Battle.net Desktop App. Und zwar hatte ich mir tatsächlich relativ früh mal Diablo IV* sowie in der Zwischenzeit die 1. Erweiterung, Vessel of Hatred, gegönnt. Glaub‘ jeweils bei der ersten großen Rabattaktion, weil sie zu dem Zeitpunkt echt vergleichsweise billig zu haben waren. Die sündhafte teure Collector’s Edition mit der Kerze, die auch noch ohne Spiel geliefert wurde, landete zum Release hingegen nicht in meinem Warenkorb. Irgendwo habe selbst ich meine Limits. Und wenn ich mir die überraschend niedrigen Preise bei eBay dazu so anschaue, dann bin ich wohl nicht der Einzige, der darauf verzichtet hat.

Zurück nach Sanktuario

Diablo III habe ich vor fast genau 11 Jahre durchgespielt und seitdem nur mal kurz für das Kuhlevel und das Geburtstagsevent nochmal reingeschaut. Es hatte seine Momente und man kam gut in den üblichen Action-RPG-Flow, den die Serie erfunden hat. Die Geschichte war zwar nicht weltbewegend aber nett und die vorgerenderten Filmchen auf dem von Blizzard gewohnten, äußerst hohem Niveau (ja, ich bin gefühlt der einzige, der ihre Spiele hauptsächlich deshalb spielt…). Dennoch: Spielerisch hat mich das Spiel nicht wirklich weiter gefesselt nachdem Malthael im Dreck lag. Die ganzen Endgame-Inhalte, die nur dazu dienen, dass ein paar Zahlen ein bisschen nach oben gehen? Nicht mein Ding. War aber bei den Vorgängern auch nicht viel anders. Keine Ahnung, wem es wirklich Spaß machte zum 10.000 Mal einen Baal-Run durchzuführen für ein paar mickrige Erfahrungspunkte. Kein Wunder, dass ich bis heute nicht Diablo II: Resurrected gestartet habe.

Meine Erwartungen an Diablo IV waren entsprechend eigentlich ziemlich niedrig: Im Flow ein paar (zehn)tausend Monster töten, Gegenstände aufsammeln, fleißig im Level aufsteigen und dabei eine zumindest gut erzählte Geschichte mit geilen Filmchen erleben – in einer Welt, die ich grundsätzlich sehr interessant finde. Habe sogar damals die ersten Romane gelesen (2003-2008). Was habe ich hingegen gefunden, nachdem ich zum Verfassungszeitpunkt mit meiner Level-60-Zauberin (Paragon 84) das Ende des Hauptspiels erlebt habe? Immense Langeweile. Von Spielspaß schon lange keine Spur mehr.

Und vermutlich der Hauptgrund dafür? Die höheren Schwierigkeitsgrade sind erst erreichbar, wenn man die Kampagne einmal durchgespielt hat. Keine Ahnung, wer dachte, dass das auf irgendeine Art und Weise Sinn macht. Ist man in der Releaseversion langsamer im Level aufgestiegen? Die Konsequenz ist auf jeden Fall, dass spätestens seit Akt 2 alle meine Gegner (nur leicht übertrieben gesagt) schon beim Anschauen umfallen und selbst die Bosskämpfe keinerlei Herausforderung mehr darstellen. Die Gegenstände, die sie fallen lassen, haben ebenfalls nichts mehr für mich zu bieten. Ich bin schon seit Ewigkeiten voll mit der für mich perfekten, legendärer Ausrüstung ausgestattet – die nächste Stufe gibt es erst in den höheren Schwierigkeitsgraden. Ich hab‘ sogar ab Akt 3 komplett aufgehört irgendwelche Dungeons oder Nebenquests zu machen, weil es keinerlei Sinn hat. Stattdessen bin ich buchstäblich durch die Hauptgeschichte hindurchgerast und habe mir das alles für danach aufgehoben, wo ich es wieder zu einer Herausforderung machen kann. Diese Diskrepanz wird auch dadurch deutlich, dass ich im Anschluss problemlos (man muss dafür in einem Endgame-Dungeon ein bestimmtes Level erledigen) direkt zwei Stufen nach oben gegangen bin auf Torment 1 (Tormet 4 ist die derzeit höchste Stufe). Und selbst das ist immer noch gefühlt zu wenig.

Die Geschichte

Diablo IV (Herstellerbild)

Jetzt werdet ihr sicherlich fragen: Taugt dann wenigstens die Geschichte was? Nun, die Serie war noch nie für die wirklich tiefgründigsten Erzählungen bekannt. Aber Diablo IV schießt den Vogel definitiv mit einer großkalibrigen Schrotflinte ab. Angesiedelt 50 Jahre nach dem Finale von Diablo III: Reaper of Souls (immer noch ein dämlicher Name), kehrt die Dämonin Lilith nach Sanktuario zurück. Sie ist die Tochter von Mephisto. Ihr wisst schon: Der Bruder von Diablo, dem ihr in Diablo II die Fresse poliert habt. Außerdem hat sie zusammen mit dem Erzengel Inarius vor langer Zeit die Welt von Sanktuario erschaffen. Deswegen hat sie auch den Spitznamen “Mutter” bzw. genauer gesagt “Mutter des Hasses”.

Euer Charakter hat schon früh im Spiel eine direkte Begegnung mit Lilith, bei der ihr einen Teil ihrer Essenz aufnehmt und entsprechend einen gewissen Kontakt/eine Verbindung zu ihr habt. Lilith selbst zieht hingegen die ersten Akte einfach nur durch Sanktuario und sammelt ein paar Sachen ein. Ihre Anhänger glauben, dass sie das tut, weil sie die Welt erlösen will oder sowas. Aber wie es immer so ist mit Dämonen, steckt etwas anderes dahinter. Ihr seid ihr auf jeden Fall auf den Fersen, sammelt dabei die paar verbliebenden Horadrim ein (Deckard Cain ist ja nicht mehr) und versucht zunächst, ihren Plan zu entschlüsseln, um ihn schließlich zu vereiteln. Und ja, Lilith liegt zwar am Ende im Dreck, aber einen Cliffhanger gibt es wie gewohnt trotzdem. Dadurch, dass Lilith nur eine kleine Maus im großen Ganzen war und das eigentliche Böse immer noch eine Gefahr darstellt, ist der Cliffhanger gefühlt sogar noch schlimmer als in den alten Titel wo es mehr ein “Ist das Böse wirklich besiegt?”-Fragezeichen darstellte.

Total mau

Auf dem Papier klingt die Hauptgeschichte jetzt erstmal nicht so schlimm. Ja, nicht Pulitzer-verdächtig aber für Diablo-Verhältnisse völlig ausreichend. Die Hauptquests an sich sind auch okay und man merkt, dass Blizzard versucht trotz der vorhersehbaren Handlung ein paar Wendungen einzubauen. Aber die Art und Weise, wie die Geschichte erzählt wird, ist trotz zahlreicher Ingame-Sequenzen einfach nicht zu gebrauchen. Faktisch rennt ihr in jedem Akt nur gelangweilt von A nach B (mit den üblichen Umwegen dazwischen), findet eine “Erinnerung” an das was Lilith kurz vorher getan hat, kämpft gegen einen mehr oder weniger bekannten Bossgegner (der keine Herausforderung ist) und abgerundet wird das Aktende dann durch eine Erzählerstimme, die ein paar Worte über Stillleben (z.B. ein paar Grabsteine) abgibt. Erzählerisch gelungen ist eigentlich nur der 6. und letzte Akt, wo alles zusammenkommt, die Welt vor dem Untergang steht und entsprechend richtig was abgeht (optisch wie inhaltlich).

Als ich Akt 1 beendet hatte, war ich echt total perplex und fühlte mich im falschen Film. Kein geiles, vorgerendertes Filmchen als Belohnung, stattdessen nur eine kleine Ingame-Sequenz? Was soll das?! So super und wirklich detailreich das Spiel aussieht: Von einer gut gemachten Zwischensequenz ist das alles sehr weit entfernt, was ihr da gezeigt bekommt. Selbst die Erinnerungen an Liliths Taten sind dermaßen enttäuschend. Zum einen grafisch eben nicht vergleichbar mit richtigen Rendersequenzen und zum anderen inhaltlich einfach nur langweilig. Faktisch läuft sie nur halbnackt durch die Gegend und labert ein bisschen. Nene. Übrigens gibt es im gesamten Hauptspiel exakt zwei vorgerenderte Filmchen: Das Intro und eine (wirklich geniale) Sequenz im 6. Akt. Da die so dermaßen genial ist, schmerzt es umso mehr, dass es sonst nichts in der Hinsicht gibt.

Ach und noch als letztes Wort zur Geschichte: Akt 4 ist ein totaler Witz. Keine Ahnung, ob ich vorher irgendwas zu viel gemacht hatte, aber es dauerte keine halbe Stunde bis Andariel (ja, das “alte Bekannte”-Recycling ist hoch) im Dreck lag. Das hat mich extrem überrascht. Es passiert in diesem Akt quasi überhaupt nichts. *kopfschüttel*

Spielerisch mau

“Die Geschichte taugt also nichts. Blöd. Ist spielerisch dann wenigstens was zu holen?” Auch irgendwie nicht so recht. Auf dem Papier gibt es haufenweise Inhalt selbst bevor ihr das Endgame erreicht und dabei extrem viel Abwechslung. Ihr habt beispielsweise, anders als in Diablo III, sehr viele Möglichkeiten euren Charakter selbst innerhalb eurer gewählten Klasse zu entwickeln. Freilich gibt es wie immer optimale Zusammensetzungen. Aber es ist gefühlt nicht einmal annähernd so stringent wie in den Vorgängern. So stehen meiner Zauberin drei Elementrichtungen zur Verfügung (Feuer, Blitz, Eis – ich bin letzteres) und darin dann nochmal einige Spezialisierungsmöglichkeiten.

Diablo IV (Herstellerbild)

Die Auswahl der Gegenstände ist hingegen überraschend begrenzt. Also es fallen logischerweise hunderte von Gegnern, als Questbelohnungen oder aus Truhen. Aber es irgendwie alles ziemlich gleichförmig und unterscheidet sich nur minimal – wenn es nicht sogar häufig exakt der gleiche Gegenstand ist. Wie oft ich schon diesen bescheuerten Helm der Stufe “Heilig” gefunden habe, der einem die Fähigkeit Meteor um drei Stufen erhöht… total dämlich. Das soll wahrscheinlich die umfangreiche Crafting-Seite des Spiels fördern. Motivierend ist es aber irgendwie nicht. Zumal hier eben wieder das Thema Schwierigkeitsgrad mit reinspielt: Ich muss nichts davon für den Kampf gegen Lilith tatsächlich nutzen.

Leider stellt man auch in anderen Bereichen sehr schnell fest, dass das Wasser nur knöcheltief ist. So findet jeder Akt zwar in einer optisch völlig anderen Region der Welt statt – die Gegnervielfalt ist aber dennoch extrem überschaubar. Ständig schlagt ihr auf das gleiche Gesocks ein, das höchstens etwas anders eingefärbt ist. Das Gleiche gilt für das, was ihr so tut. Ja, die Nebenquests sind thematisch an die Regionen angepasst und haben tatsächlich inhaltlich was zu bieten. Aber beispielsweise die vielen Dungeons, die ihr besuchen könnt/im Rahmen der Missionen besucht, sind alle so dermaßen gleichförmig und optisch identisch. Das ist schon extrem traurig. Gefühlt gibt es nur 4-5 Grafiksets, aus denen das Spiel auswählt und dann wird das in einen fast völlig linearen Korridor zusammengesetzt. War das Suchen des Ausgangs in den teils riesigen Umgebungen von Diablo und Diablo II teilweise nervig? Möglicherweise. Aber es gehörte zum Spiel und machte mit dem Reiz aus. Vielleicht gab es ja doch in der einen Ecke noch was Interessantes. In Diablo IV hingegen? Lauf geradeaus/im Kreis, mach‘ dabei eine von gefühlt nur drei Sachen, dann klettere/laufe eine Treppe eine Ebene tiefer, mach‘ nochmal eine von gefühlt nur drei Sachen und finde dann am praktisch platzierten Heilbrunnen den Bossgegner. Die zufälligen Events auf der Karte sind ebenfalls nicht abwechslungsreicher gestaltet. Spätestens nach der Hälfte von Akt 1 habt ihr (ohne viel Übertreibung) alles gesehen und gemacht, was es zu tun gibt. Und, wenn dann nicht einmal eine Herausforderung dabei ist und/oder die Chance bessere Ausrüstung zu bekommen – warum dann überhaupt sich die Mühe machen? Eben.

Fazit

Alter Schwede, was ein Scheiß. Ich muss es leider so deutlich ausdrücken. Würde mich mein “ich hab’s gekauft, also spiel ich’s auch durch”-Hirn nicht antreiben, ich hätte Diablo IV spätestens Mitte Akt 2 zur Seite gelegt. Zwar ist theoretisch der grundlegende Action-RPG-Flow vorhanden und es sieht sehr gut aus und hört sich super an. Aber es ist halt echt absolut überhaupt nichts dahinter. Und das fällt umso mehr auf, wenn ich nur durch die Gegend laufe und Gegner “one-shotte”, weil es mir aus unerfindlichen Gründen verwehrt ist 1-2 Stufen höher zu gehen. Loot ist entsprechend irrelevant und wird nur der Pflicht halber aufgesammelt und beim Schmied für nutzloses Material recycelt. Ich hab‘ so schon fast 100 Millionen Goldstücke gesammelt und bislang nichts, wofür ich sie ausgeben könnte. Und warum soll ich an meiner Ausrüstung rumbasteln (Edelsteine einsetzen, Attribute neu würfeln, etc.), wenn ich es jetzt nicht brauche und irgendwann beim Wechsel des Schwierigkeitsgrades eh neue Sachen kriege.

Die Geschichte ist ebenfalls nicht zu gebrauchen. Die Charaktere und ihre Entwicklungen lassen mich ziemlich kalt. Wofür sicherlich die fehlende Herausforderung ebenfalls ein Grund ist. Wenn alle davon fasseln wie schlimm alles ist, der große Bosskampf aber nach 2 Sekunden vorbei ist (ja, auch der gegen Lilith) – wie soll ich das wirklich ernst nehmen? Da fällt dann noch mehr auf, dass die Hauptquests über “geh dahin, sammel’ was/besiege einen Boss” nicht wirklich hinaus gehen. Und, wenn ich am Ende von alledem als Belohnung nicht einmal eine geile Rendersequenz kriege? Ja, ne lass‘ ma. Was ich von Vessel of Hatred bislang gehört habe, stimmt mich ebenfalls nicht sonderlich optimistisch. Spielen werde ich es freilich trotzdem. Und immerhin besteht jetzt mal wieder die Chamce, dass ich einem Kampf Gefahr laufe zu sterben…

Von dem ganzen Live-Service-Scheißdreck habe ich eich jetzt gar nichts erzählt. Ist aber auch egal. Mein Ratschlag ist nämlich ganz klar: Kauft euch lieber endlich Grim Dawn. Das ist immer noch um Längen besser und soll dieses Jahr sogar noch eine dritte Erweiterung (es geht in den hohen Norden) erhalten.

(Cover)

Die 4. Staffel* von Star Trek: Voyager wird allgemein als die beste der Serie angesehen. Und ja, wie man schon zwischen den Zeilen des letzten Eintrags herauslesen konnte, stimme ich dieser Ansicht grundsätzlich durchaus zu. Liegt es daran, dass sie tatsächlich irgendeins der Grundprobleme der Serie löst? Also vor allem die Punkte “fehlende Konsequenzen und “Zusammenhanglosigkeit”?

Die Antwort ist nicht so eindeutig. Denn ja, es gibt in der dieser Staffel mehr Zusammenhang als in allen vorherigen zusammen und die Grundsteine, die gegen Ende der 3. Staffel gelegt wurden, werden konsequent weiter ausgebaut. Der Resetknopf ist aber immer noch ein ständiger und ärgerlicher Begleiter, der mich hier umso schmerzlicher mit einem “verschenktes Potential” im Kopf zurücklässt. Von dem ein oder anderen charakterlichen Widerspruch, der dadurch entsteht, mal ganz abgesehen. Ein Punkt, der mir vor allem bei Tom Paris und Tuvok häufig auffällt. Keine Ahnung, ob die Autoren mit den beiden nichts anzufangen wussten oder es kein “so ist seine aktuelle Persönlichkeit”-Dossier gab.

Die Personalveränderung(en)

Dafür bekamen die Autoren im (äußerst gelungenen) Staffeleinstieg ein neues Spielzeug und nutzten dieses nicht nur in der vierten, sondern auch allen nachfolgenden Staffeln ausgiebig. Die Rede ist freilich von unserer aller Lieblings-Ex-Borg Seven of Nine. Wie schon Worf drüben bei Star Trek: Deep Space Nine, sollte sie frischen Wind in die Sache bringen und dank ihrer zwei besonders hervorstechenden Eigenschaften – wie Spock und Odo ein neutraler Blick auf die Menschheit und zusätzlich ein ehemaliger Todfeind als Teil der Crew – (was dachtet ihr denn?!) ein breiteres, männliches Publikum erfreuen. Mit Erfolg wohlgemerkt: Die Ratings in der der damals so wichtigen Gruppe der 16- bis 24-Jährigen gingen steil nach oben. Heute würden sie 7of9s Outfit vermutlich beinfrei und mit Ausschnitt machen… Zum Glück wussten die Autoren mit ihr wesentlich mehr anzufangen als sie nur als “Eyecandy” in jede Szene zu stellen. Sie und ihre fortlaufende Entwicklung, inklusive den dazugehörigen Konflikten mit der restlichen Crew, sind mit der größte Grund, warum Staffel 4 so viel besser anzusehen ist.

Wie bei Staffel 3 schon erwähnt, drehte sich aber auch das Personalkarussell im Hintergrund. Miterfinder und ehemaliger Showrunner (=Chef der Autoren) Michael Piller war schon damals gegangen und Jeri Taylor fuhr ihre Verantwortung in der 4. Staffel zurück, bevor sie die Crew dann endgültig verließ. Stattdessen durfte der Star-Trek-Veteran Brannon Braga ran und übernahm ab der 5. Staffel komplett die Zügel. Und ja, aus meiner Sicht hat er viel zur Qualitätssteigerung beigetragen. Bei den besten Folgen der 4. Staffel steht sein Name mit auf dem Drehbuch.

Star Trek: Voyager (Paramount-Promo-Bild)

Es gab allerdings gleichzeitig einen überraschenden Verlust: Bereits in der 2. Folge wurde Kes aus der Serie herausgeschrieben (abseits eines Gastauftritts in Staffel 6). So wenig die Dame auf der Voyager zu tun hatte, so überraschend kam dieser Ausstieg und so komisch ist er inszeniert. Über die realen Gründe gibt es komischerweise widersprüchliche Aussagen. Die eine Seite behauptet, dass sie Platz für 7of9 machen mussten und die Autoren eh nichts mit ihr anfangen konnten. Deshalb wurde sie rausgeschrieben und ihr Vertrag nicht verlängert. Andere Quellen sprechen davon, dass Schauspielerin Jennifer Lien unter persönlichen Problemen litt, die negativen Einfluss auf die Arbeiten am Set hatten. Da sie nicht drüber reden wollte und sich auch keine Hilfe suchte, wurde ihr Vertrag entsprechend widerwillig aufgelöst. Wir werden vermutlich nie erfahren, was tatsächlich passiert ist. Aber bei allen Problemen mit dem Charakter: Immerhin haben sie ihr irgendeine Art von Abschiedsfolge gegeben. Ist ihr Abschluss gelungen? Nein. Aber es ist zumindest halbwegs plausibel und baut auf der bisherigen, wenngleich wenigen Charakterentwicklung auf.

Äction

Was aber bei der 4. Staffel besonders (positiv) auffällt: Sie ist wesentlich action-reicher als die vorherigen Staffeln und scheinbar hatte man mittlerweile so viel Vertrauen in CGI bzw. es war mittlerweile billig genug, dass man es häufiger einsetzen konnte. Damit meine ich, dass man sehr viele Ansichten von außerhalb der Voyager zu sehen bekommt inkl. zahlreichen Raumschlachten und neuen Schiffstypen. Das gibt dem ganzen zum einen nochmal zusätzlich Tempo und zum anderen eben mehr den Eindruck, dass es in dieser Galaxie eben nicht nur 2-3 Völker gibt.

Aber auch innerhalb des Schiffs ist einiges los, wobei das klare Highlight die Doppelfolge Das Tötungsspiel ist. Wirklich schade, dass die Jäger-Rasse namens Hirogen abseits dieser kleinen Episodenreihe (beginnend mit dem ersten richtigen Kontakt zum Alpha-Quadranten in Flaschenpost) nicht noch häufiger genutzt wurden. Andererseits: Ihre Geschichte war erzählt und die Voyager wieder zurück auf ihrem Weg. Insofern war es nur konsequent hier aufzuhören und nicht erneut so einen Blödsinn daraus zu machen wie bei den Kazon, die gefühlt mehrere Millionen Lichtjahre die Voyager begleiteten.

So nah und doch so fern

Die andere Doppelfolge, Ein Jahr Hölle, ist hingegen grundsätzlich ebenfalls richtig gut gelungen. Endlich mal eine Zeitreisefolge, die das Format zum einen nutzt, um tatsächlich etwas zu sagen (die ganze Sache mit Annorax Verlust seiner Familie – fantastisch gespielt von Kurtwood Smith). Und zum anderen auch zeigt, wie eine andere Version der Serie hätte aussehen können. Eine, in der die Voyager eben nicht nach jeder Folge wieder auf Hochglanz poliert ist, sondern tatsächlich Konsequenzen vorhanden sind. Wie genial hätte es werden können, wenn sie dem Jahr der Hölle tatsächlich eine ganze Staffel gewidmet hätten? Ich darf gar nicht drüber nachdenken…

So gut die Folge allerdings ist, umso mehr schmerzen mich die Details. Da hatte man die geilste Idee aller Zeiten, veröffentlichte in der 3. Staffel mit Temporale Sprünge quasi einen vollen Spoiler auf die Ereignisse und dann… ja, nutzt man die Vorlage faktisch überhaupt nicht. Und jetzt kommt mir nicht mit Zeitsprüngen oder dem Einfluss des Krenim-Schiffs und seiner Zeitmanipulationen: Aus meiner Sicht sehen wir in Ein Jahr Hölle die gleiche Voyager und Crew, denen Kes alles erzählt hat. Ja, Kes war nicht mehr da, dafür 7of9. Aber die Zeitlinie wurde definitiv in der Zwischenzeit nicht so grundlegend geändert, dass sich plötzlich überhaupt keiner mehr daran erinnert. Und das ist schade. So eine geniale Ausgangssituation und dann wird sie überhaupt nicht genutzt. Heißt ja nicht, dass der Ausgang für die Voyager großartig anders hätte sein müssen (Annorax hatte ja immer noch sein Zeitschiff). Ein deutlicher Rückbezug zumindest beim ersten Aufeinandertreffen wäre aber trotzdem so viel cooler gewesen.

Weitere Highlights

Es gibt aber noch ein paar weitere Folgen der 4. Staffel, die ich kurz hervorheben möchte:

  • Star Trek: Voyager (Paramount-Promo-Bild)

    Der Zeitzeuge“Die Geschichte wird vom Gewinner geschrieben” in Reinform. Die Autoren zeigen sehr gelungen, wie schnell auf Basis einiger vermeintlichen Fakten ein völlig falsches Bild entstehen kann – selbst, wenn man gute Absichten verfolgt. Ein Problem, mit dem unsere Wissenschaft ebenfalls bis heute kämpft. Die Folge hat zwar eine riesige Logiklücke (der Doktor hat plötzlich ein vollständiges Backup?!). Aber Janeway als sadistische Chefin zu erleben entschädigt für dieses Detail :smile: .

  • Leben nach dem Tod – Neelix stirbt und wird dank 7of9s Nanobots wieder ins Leben zurückgeholt, was ihn in eine absolute Glaubenskrise stürzt. Schließlich war er ja tot und es ist nicht so gewesen, wie in den Erzählungen. Das stürzt ihn in eine (nachvollziehbare) Sinnkrise. Und so kitschig die Auflösung ist – so real dürfte sie tatsächlich sein.
  • Eine – Die perfekte Folge für 7of9. Noch kein Jahr aus dem Kollektiv heraus und sowieso schon unsicher was ihre Existenz als Individuum angeht, wird sie eine Situation gestürzt (völlige Isolation), die normale Menschen bereits nach wenigen Tagen den Verstand raubt. Was macht das erst mit jemandem, der sein ganzes Leben nur Stimmen im Kopf hatte?
  • Die Omega Direktive – Okay, die ganze Sache mit dem Omega-Molekül kommt völlig aus dem Nichts. Andererseits: Wer weiß welche gefährlichen Stoffe vor uns geheim gehalten werden. Eine wirklich starke Folge, in der vor allem Janeway glänzt.
  • Im Rückblick – Wie dermaßen gemein ist es dieser Geschichte keinen eindeutigen Abschluss zu geben? Das fand Lysanda mal wieder überhaupt nicht gut. War er es jetzt, oder nicht? Wir werden es nie erfahren. Aber es ist ein interessantes und vermutlich für so einige Menschen reales Dilemma in dem 7of9 und der Holodoc da stecken. Er ist sicherlich nicht der erste Arzt, der einem Patienten eine Krankheit einredet. Mal abgesehen von den ganzen Schnellschüssen, die bei vor allem dieser Art von Verbrechen gerne passieren und zu lebensvernichtenden Vorverurteilungen führen können.

Fazit

Zum Abschluss kann ich nur nochmal wiederholen: Die 4. Staffel von Star Trek: Voyager ist wirklich extrem gut gelungen. Wie immer gibt es Abzüge in der B-Note. Verpasste Chancen, zahlreiche Logiklücken und 2-3 etwas schwächere Episoden (Dämon z.B.). Aber insgesamt ist es eine durchweg unterhaltsame (nicht nur wegen des erhöhten Actionanteils) Staffel, die überaus erfolgreich ein neues Mitglied in die Crew integriert und… ja, es fast schon zum eigentlichen Star der Serie macht.
Schade, dass Staffel 5 (Spoiler) dieses neue Niveau nicht ganz halten kann. Aber dazu kommen wir logischerweise im nächsten Eintrag. Haben schließlich zum Verfassungszeitpunkt noch neun Folgen vor uns.

« Vorherige Seite - Nächste Seite »