Es mag nicht so wirken, aber es ist schon aufgeräumter.

…und damit sind vier Wochen Erholungsurlaub schon wieder rum. Passend dazu steht direkt heute die erste Dienstreise seit mindestens drei Jahren auf dem Programm. Hoffen wir mal, dass wir uns dabei nichts einfangen nachdem wir bislang das Thema erfolgreich umschifft haben. Aber zurück zu unserer bezahlten Abwesenheit: Die 28 Tage gingen wie immer viel zu schnell rum und bevor jemand fragt: Nein, wir waren nicht weg. Wir sind nicht die großen Urlauber und mit fünf Katzen ist das sowieso schwierig. Dafür haben wir die Zeit genutzt und neben dem “Erholen” auch einiges erledigt. Unter anderem die letzten noch verbliebenen Fenster mit Fliegenschutzgitter von Windhager versehen, die Katzenecke aufgebaut sowie fleißig aufgeräumt – und das nicht nur im Keller.

Ganz fertig sind wir zwar nicht geworden dort unten aber es hat sich definitiv schon massiv was getan. Vieles ausgemistet bzw. zum Verschenken zur Seite gelegt, haufenweise Zeugs anständig sortiert und weggeräumt – das Licht am Ende des Tunnels wird sichtbar. Jetzt müssen wir allerdings erstmal auf eine neue Ladung Aufbewahrungsstapelboxen warten. Ja, wir haben tatsächlich unseren Einkauf bereits fast vollständig “verbraucht”. Hätte ich nicht gedacht, dass wir 45 Kisten vollbekommen. Aber irgendwie haben wir trotz wirklich rigorosem Aussortieren immer noch viel Kram rumliegen. Allein schon eine ganze Kiste voller Anleitungen für allerlei Gerätschaften und Bauteile im Haus sowie acht Boxen für Bettwäsche…

Abstinenz

Was ich hingegen im Urlaub interessanterweise nicht gemacht habe ist Videospiele gespielt. Schlimmer noch: Mein Hauptrechner war in der Zeit sogar maximal 1-2 Stunden pro Tag an und hauptsächlich für langweiligen Alltagskram (E-Mails, Buchhaltung und so), Einträge wie diesen schreiben und natürlich meine Arbeit bei Co-Optimus. Die mache ich übrigens mittlerweile schon seit über zwei Jahren. Echt krass, wie die schnell die Zeit vergeht.

So viele Spiele, die ich niemals alle spielen werde.

Okay, Lysanda wirft an dieser Stelle ein, dass ich doch ein bisschen was gespielt habe. Und technisch gesehen hat sie natürlich Recht. So habe ich hin und wieder mal nebenbei Jets ’n’ Guns Gold gestartet, um weiter Achievements zu grinden (aktuell in Durchlauf 7 von 10 – es wird). Außerdem erledige ich jeden Tag die wichtigsten Sachen in Animal Crossing: New Horizons. Aber beides zählt für mich nicht so recht als “spielen”. Was ich stattdessen meine ist z.B. mal Metro Exodus* weiterspielen (derzeit bei der letzten Mission im 1. Gebiet) oder etwas anderes “Substantielles”. Doch irgendwie hatte ich dazu im Urlaub keine große Motivation. Lag sicherlich auch ein bisschen am Wetter. Schließlich macht es bei 35°C im Schatten keinen Spaß mit Kopfhörern rumzusitzen (selbst mit Klimaanlage). Aber dennoch bin ich durchaus von mir überrascht, dass ich trotz mittlerweile über 4.000 Spielen allein auf Steam irgendwie kein Bedürfnis hatte mich mit auch nur einem davon zu beschäftigen.

Zeitvertreib

Immerhin haben wir es geschafft ein paar Stunden vor dem Fernseher zu verbringen. Mein Ziel war es nämlich mich im Urlaub eine Runde mit dem Wüstenplaneten zu beschäftigen und Lysanda mal diese Welt vorzustellen. Wir haben allerdings nicht das neue Werk* von Denis Villeneuve geschaut. Da warte ich erstmal bis es vollständig ist. Stattdessen ging es mir um die Miniserie* aus dem Jahre 2000. Die hatte ich tatsächlich bislang noch nicht gesehen. Ich weiß, ich bin kein guter Dune-Fan. Aber das Wissen die Veteranen unter den Lesern ja schon länger, schließlich finde ich die neuen Werke* von Brian Herbert und Kevin J. Anderson gut – und das ist bekanntlich absolute Blasphemie aus Sicht der Frank-Herbert-Jünger.

Bevor wir uns allerdings der Serie plus ihrem Nachfolger Children of Dune* von 2003 widmen konnten, musste ich Lysanda erst noch David Lynchs “Meisterwerk”* von 1984 zeigen. Und ja, der Film ist mittlerweile echt schwer zu ertragen. Die schlechten Effekte, die gefühlte Langatmigkeit obwohl das Buch stark zusammengekürzt wurde, Sting in einer Unterhose… Ich fand ihn früher ganz nett und kultig aber 2022 irgendwie nicht mehr. Da helfen weder Totos famoser Soundtrack und Sir Patrick Stewart noch der ein oder andere Lichtblick wie z.B. das Setdesign an dem sich auch Dune 2000 orientierte. Nach dem Genuss der Miniserie muss ich sogar ganz klar sagen: Vergesst, dass dieses Werk existiert und schaut lieber die u.a. mit deutschen Geldern finanzierte Produktion.

Mehr Ausbreitungsraum

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Dune – Der Wüstenplanet besteht aus drei Episoden mit jeweils mehr als 1 1/2 Stunden Länge und ist wesentlich näher am Buch dran als Lynchs Fassung. Nicht nur aber vermutlich auch, weil er eben 4 1/2 Stunden Zeit hat die Geschichte zu erzählen. Hat dem Werk im Gegenzug das ein oder andere “langatmig” von Kritikern eingehandelt, aber die haben ja keine Ahnung :wink: . “Näher dran” bedeutet aber nicht, dass die Serie Frank Herberts Erzählung sklavisch folgt. Speziell Prinzessin Irulans Rolle hat der Regisseur und Drehbuchautor John Harrison (durchaus sinnvoll) ausgedehnt. Und auch sonst gibt es hier und da kleinere Abweichungen in Szenen und Dialogen, die aber wenn überhaupt höchstens beinharte Fans stören dürften. Ich empfand es stattdessen als insgesamt sehr rundes Paket, das dem Roman grundsätzlich absolut gerecht wird.

Das Ganze ist aber freilich nicht ganz ohne Kritik. Die zahlreichen CGI-Effekte beispielsweise sind nun einmal wie sie sind – auf dem Niveau von 2000. Absolut nicht gut gealtert und alles andere als beeindruckend, wodurch viel von der Dramatik und Imposanz entscheidender Szenen verloren geht wie beispielsweise die erste Wurmsichtung oder der finale Angriff auf Arrakeen. Und selbst die gemalten Hintergründe kommen nicht an die Qualität der Meister ihres Fachs heran. Dadurch hat die ganze Serie durchweg ein “wir standen etwas unbeholfen vor einem Green Screen”-Feeling, was noch durch die eher Soap-Opera-artige Inszenierung der Dialoge verstärkt wird und mitunter in unfreiwilliger Komik mündet. Dazu tragen auch die Kostüme bei, die teilweise echt abgefahren und absurd sind. Die Sardaukar mit ihren komischen Baskenmützen und aufgeblasenen Pullis beispielsweise. Oder Prinz Feyd-Rautha Harkonnen mit seinem Dreieck hinter dem Kopf. Außerdem war mir speziell Baron Harkonnen zu “normal” (sowohl im Aussehen als auch in seiner Art). In der Hinsicht fand ich Lynchs abscheuliche Vision tatsächlich besser und näher am Buch.

Dennoch: Dune – der Wüstenplanet ist eine wirklich gute Umsetzung und Empfehlung. Die Schauspieler machen einen guten Job, die Geschichte wird verständlich erzählt und die Inszenierung ist trotz technischer Limitationen grundsätzlich gelungen. Den Lobeshymnen nach zu urteilen wird die Serie zwar von Denis Villeneuves Version übertroffen. Aber dazwischen liegen ja auch 20 Jahre.

Die einzige Verfilmung

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Children of Dune ist ebenfalls in drei Teile aufgeteilt mit einer Laufzeit von rund 4 1/2 Stunden. Grob gesagt behandelt Teil 1 die Ereignisse in Der Herr des Wüstenplaneten* während Teil 2 und 3 dann das namensgebende Buch Die Kinder des Wüstenplanten* umsetzen. Und ja, man merkt die drei Jahre Unterschied. Die CGI-Effekte sind zwar immer noch relativ schlecht, aber trotzdem fand ich die zweite Serie tatsächlich handwerklich besser. Weniger “Green Screen”-Feeling, besser inszenierte Dialoge und erneut eine größtenteils gelungene schauspielerische Leistung. Speziell  von den zentralen Hauptcharakteren Leto II (James McAvoy – ja, der junge Charles Xavier), Ghanima (Jessica Brooks) und Alia (Daniela Amavia), die eine echt gute Figur jeweils machen.

Inhaltlich hat sich John Harrison wieder relativ stark an den Büchern orientiert mit der ein oder anderen Freiheit. Die Umsetzung ist allerdings nicht ganz so gelungen wie bei der ersten Serie. Das liegt daran, dass die ganze Sache mit dem Goldenen Pfad, dem Ghola, die Wurmtransformation und dergleichen durchaus etwas komplizierter ist und er vermutlich aufgrund der Laufzeit den ein oder anderen Zusammenhang unter den Tisch hat fallen lassen müssen. Das macht es für Nicht-Kenner des Buchs etwas schwieriger/unlogischer. Gleichzeitig passt die ein oder andere Veränderung schlichtweg nicht. So macht beispielsweise die finale Szene mit Ghanima und Farad’n überhaupt keinen Sinn. Der Dialog zwischen beiden ist zwar fast 1:1 aus dem Buch, aber leider fehlt Leto IIs Part und damit geht der komplette Kontext flöten. Sehr komisch und verwirrend.

Und doch: Ich fand Children of Dune richtig gut und unterm Strich tatsächlich sogar besser als Dune – Der Wüstenplanet. Zum einen, weil die Serie handwerklich einen Sprung gemacht hat. Zum anderen vermutlich aber auch, weil die Bücher 2 und 3 für mich tatsächlich etwas interessanter sind als Band 1. Außerdem ist es echt cool, dass sie mal anständig verfilmt wurden während sonst immer nur das Hauptwerk im Fokus steht. Entsprechend wie bei der ersten Serie von mir eine Empfehlung nicht nur aber vor allem für Fans der Bücher. Nur schade, dass John Harrison nicht weitermachen durfte. Hätte gerne Leto II als “fertigen” Sandwurm gesehen…

Diese drei Katzen leben zum Glück noch.

Eigentlich wollte ich den heutigen Eintrag mit der Feststellung beginnen, dass in der Casa Lysanda aktuell nicht so viel Spannendes passiert. Deswegen auch der starke Fokus auf Videospiele in den letzten Wochen hier Beim Christoph. Dann kam Lysanda um die Ecke und meint: Laut Facebook liegt eine tote Katze gegenüber der KFZ-Werkstatt am Ortseingang. Also haben wir unsere Utensilien (Tasche, Handtuch, Einweghandschuhe) aus dem Auto geholt, sind losgelaufen und haben sie eingesackt. Anschließend zum nächsten Tierarzt, um den Chip zu prüfen – der leider mal wieder nicht vorhanden war. Tätowierung ebenfalls nicht. Immer Mist sowas.

Was ist daran so schwer, liebe Haustierbesitzer?! Egal ob Hund oder Katz’: Sobald sie im Haus sind sofort chippen lassen und bei TASSO registrieren. Das ist so einfach und kostet max. 50 € (das Chippen, TASSO ist kostenfrei). Ach und, wenn ihr schon beim Tierarzt seid im Falle von Katzen bitte auch gleich kastrieren lassen (ab Woche 12). Rollig sein macht weder Tier noch Mensch Spaß und nein, sie müssen nicht zwingend einmal geworfen haben, um glücklich zu sein. Das ist völliger Blödsinn.

Und kommt mir jetzt bloß nicht mit der Ausrede “aber ich halte sie doch nur in der Wohnung/im Haus, da brauche ich das nicht”! Einmal kurz aus Versehen die Haustür offengelassen und schon ist das Tier von dannen. Das geht schneller als ihr “Pikachu” sagen könnt! Und wenn es mal passiert, seid ihr sicherlich heilfroh, wenn ihr dank des Chips zügig erfahrt, was aus ihm geworden ist bzw. es im besten Fall natürlich umgehend wieder nach Hause zurückgebracht wird. Und ja: Es wäre nicht die erste Katze, die nach so einem Ausflug dann plötzlich mit einem dicken Bauch (=schwanger) zurückkommt. Aber das hatte ich ja schon einmal alles in diesem Eintrag niedergeschrieben. Sollte also für euch nichts Neues sein.

Ich wollte damit nur sagen: Wir hatten am gestrigen Sonntag dann doch plötzlich ein bisschen Action im Haus.

Radikaler Themenwechsel

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Am Donnerstag kam hingegen mal wieder Post aus den amerikanischen Staaten. Der Inhalt: The Making of Nox Archaist. Zur Erinnerung: Nox Archaist ist das erste Computer-Rollenspiel für den Apple II seit über 30 Jahren. Läuft aber dank Emulator auch auf modernen PCs und ist u.a. auf Steam verfügbar (Achtung: Dort erhaltet ihr nur Version 1.1.4 – die aktuelle Fassung 1.1.9 gibt es nur über die Webseite). Es kam Ende 2020 auf den Markt (auf vier doppelseitigen 5,25″-Disketten) – nach einem gescheiterten Kickstarter anno 2017 und einem erfolgreichen dann im Jahr 2019, den ich unterstützt hatte. Neben vielen Features, die man von den damaligen Klassikern wie Ultima V gewohnt ist, bietet das Werk tatsächlich auch einige modernere Annehmlichkeiten (z.B. ein anständiges Inventar mit Hotkeys) und reizt die Möglichkeiten eines Apple II bis aufs Letzte aus.

Entsprechend interessant klang die Idee eines Making-Of-Buchs. Ich kenne zwar die Hardware überhaupt nicht (war komplett vor meiner Zeit) und verstehe entsprechend wie schon bei den Game Engine Black Books in diesen Abschnitten über Assembler Language eher Bahnhof. Aber spannend ist es trotzdem. Im Fall von The Making of Nox Archaist berichtet Mark Lemmert auf rund 230 Seiten woher die Idee kam, wie er Mitstreiter fand, die Inhalte entstanden und eben auch wie viele der vor allem technischen Probleme gelöst wurden. Wie gesagt: Das Spiel holt das letzte Bisschen aus der Hardware heraus. Jedes verfügbare Byte im Speicher wird ausgenutzt und selbst außerhalb der zulässigen Bereiche werden Funktionen versteckt – mit natürlich teilweise unvorhergesehenen Folgen (=Bugs) und der daraus resultierenden, aufwendigen Suchen nach der Ursache. Speziell die Diskettenversion, für die die Apple-Community extra einen neuen Treiber geschrieben hat, machte große Probleme und verzögerte die Auslieferung der schicken und prall gefüllten physischen Packungen an die Backer. Schon krass zu erfahren, wie empfindlich die damaligen Laufwerke waren und wie kompliziert die Leseprozesse.

Nox Archaist (Herstellerbild)

Aber zurück zum Buch: Ich fand es selbst als Laie sehr gut zu lesen und größtenteils verständlich. Es gibt hier und da ein paar Wiederholungen – gefühlt wurden einige Absätze völlig getrennt voneinander geschrieben –, das ist aber nicht weiter schlimm. Ich hätte mir aber tatsächlich noch mehr Inhalt gewünscht. Es werden zwar grob alle Bereiche des Entwicklungszyklus angeschnitten und auch ein paar der Mitstreiter bekommen jeweils ein paar Seiten spendiert, um hier und da einen Einblick in ihren Part zu geben. Dennoch bleibt gefühlt sehr viel auf der Strecke. Vor allem, wenn man bedenkt, dass es sich um so ein historisches Ereignis handelt. Es wurde immerhin so viel getan, um eben nicht einfach nur eine Hommage an die damaligen Werke zu basteln, sondern eher ein “Wie hätte die nächste Generation von CRPGs für den Apple II ausgehen?”. Mark Lammert lässt zumindest offen, ob es vielleicht noch ein zweites Buch geben wird. Dann aber mit mehr technischen Details, um quasi die immer noch lebendige Apple-II-Community zu unterstützen und eben die vielen Tricks ausführlicher niederzuschreiben, die angewandt wurden.

Zusammengefasst lässt sich festhalten: Ich habe The Making of Nox Archaist offensichtlich zügig verschlungen (obwohl ich das Spiel selbst bislang nur angespielt habe) und kann es nur empfehlen. Mit der Einschränkung versteht sich, dass man sich für solche Hintergrundberichte interessiert. Wer einen Liebesroman sucht, wird damit logischerweise nicht glücklich :wink: .

Mangas und ich… irgendwie immer noch zwei Welten, die da aufeinandertreffen. Ich habe tatsächlich seit den zwei Serien anno 2015 keinen einzigen weiteren gelesen, obwohl unser Haus dank Lysanda “vollgestopft” mit Mangas ist (Anm. v. Lysanda: Es ist nur ein Regal!). Animes hingegen? Ein paar mehr – auch, wenn ich nicht so viel davon berichte.

Zuletzt haben wir uns beispielsweise Tsubasa Chronicle* angeschaut. Die Serie zu dem Manga, auf den Lysanda total abgefahren ist. War auch soweit okay. Etwas langatmig (vor allem sekundenlange Einstellungen in denen gar nichts passiert) aber doch unterhaltsam. Leider gibt es da die Tatsache, dass die letzten Folgen nichts mit dem Manga zu tun haben und die Serie quasi einfach mittendrin endet. Soweit ich das verstanden habe, war der Manga einfach noch nicht weit genug fortgeschritten und der Geldhahn wurde zugedreht. Ein Schicksal, das häufiger eine Anime-Serie ereilt. Gab dann noch von einem anderen Anime-Studio zwei OVAs (Tsubasa: Tokyo Revelations* und Tsubasa Shunraiki), die kostenlos bestimmten Bänden des Mangas beilagen und zumindest ein bisschen die Geschichte fortsetzten. Aber insgesamt bleibt man sehr unbefriedigt zurück und muss entweder damit leben, oder halt den Manga lesen.

Wenn ihr allerdings nun denkt, dass ich die Manga-Trockenphase überwunden habe, indem ich Tsubasa – RESERVoir CHRoNiCLE* verschlang, den muss ich leider enttäuschen. Der steht zusammen mit xxxHOLiC*, dessen Anime-Umsetzung faktisch überhaupt nicht mehr zu bekommen ist auf Deutsch, zwar auf meiner sehr langen ToDo-Liste. Aber ich habe mir stattdessen ein anderes Werk gegönnt:

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Alice in Murderland* (Kaori Yuki, 11 Bände, abgeschlossen) – Veteranen dieser Webseite wissen, dass ich total auf Alice im Wunderland abfahre. Also nicht auf das Original. Das sollte man zwar mal gelesen haben, aber das ultimative literarische Meisterwerk ist es aus meiner Sicht nicht. Mich reizen mehr Interpretationen des Werks – vor allem diejenigen, die es eher von einer dunkleren Seite aus betrachten. American McGee’s Alice ist in der Hinsicht mein absoluter und ungeschlagener Favorit. Insofern dürfte nachvollziehbar sein, warum gerade dieser Manga mich angezogen hat.

Es geht um die Familie Kuonji, bestehend aus neun Geschwister sowie Vater und Mutter. Diese trifft sich einmal im Monat zu einer netten Teeparty. Doch die aktuelle birgt eine Überraschung: Mutter Olga eröffnet den Kindern, dass es Zeit wird ein neues Oberhaupt des Hauses Kuonji zu wählen. Anders als in einer Demokratie jedoch nicht über einen Stimmzettel. Stattdessen haben die Geschwister ein Jahr Zeit sich gegenseitig zu töten. Wer übrig bleibt, wird das neue Oberhaupt. Ein klassisches Battle Royale quasi auf dem Grundstück der Familie. Die vierte Tochter des Hauses ist Stella. Sie hat auf das ganze Morden absolut keinen Bock, sie trägt jedoch wie alle anderen Kinder ein Geheimnis in sich. In ihrem Falle die Larvae namens Bloody Alice. Ja, genau diese Alice – inkl. blonden Haaren und hellblauem Dienstmädchenoutfit. Nicht der Vorlage entsprechend: Eine ungeheuerliche Mordlust und mit Maschinengewehren ausgestattet. Während Stella also eigentlich niemanden töten möchte, hat ihr anderes Ich damit keinerlei Probleme und fängt an aufzuräumen.

Ja, in diesem Manga geht es nicht zimperlich zu. Es sterben viele und das auch mitunter auf sehr brutale Art und Weise. Da ist es schon fast gut, dass ich speziell in den Kampfszenen gerne mal die Orientierung verliere und überhaupt nicht verstehe was eigentlich gerade passiert. Ist für mich aber irgendwie ein grundsätzliches Problem von Mangas. Das Format der Bücher ist sehr klein und damit auch die Panele selbst. Gleichzeitig sind die Zeichnungen sehr detailliert und in schwarz-weiß. Da erkenne ich dann nicht mehr wirklich was da gerade passiert (“wurde der Charakter jetzt gerade getroffen? Und wenn ja, von was? Oder ist das nur der Arm?!”). Lysanda meint dazu “Einfach akzeptieren und drüberlesen” aber doof ist das schon ein bisschen. Bei Alice in Murderland im Speziellen hatte ich deswegen auch Probleme mit dem großen Twist ungefähr in der Mitte der Erzählung. So viele Charaktere in den Panels, die gefühlt alle gleich aussehen und zudem übereinander reden. Diesen Abschnitt musste mir am Ende Lysanda erklären, bevor ich verstanden habe wer jetzt was und wie gemacht hat…

Beim Christoph meint: Von mir bekommt Alice in Murderland solide 3 von 5 Sics. Mit Alice im Wunderland hat es am Ende nur sehr wenig zu tun, wie die Autorin auch selbst zugibt (und sich für die Irreführung entschuldigt). Und die Geschichte wirkt hier und da nicht ganz durchdacht. Beispielsweise werden am Anfang ganz viele Regeln für den Kampf aufgestellt, am Ende scheint es irgendwie völlig egal zu sein. Es kämpft einfach jeder wie er will und wo er will. Aber es ist spannend und actionreich genug, um trotz meiner persönlichen Orientierungsprobleme zum Weiterlesen anzuregen. Wer wird überleben? Wer wird sterben? Und schafft es Stella irgendwie diesen Kreislauf des Mordens zu unterbrechen? Ich könnte es euch verraten, aber das wäre ja ein Spoiler :smile: .

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Lysanda und ich haben gestern eine Bildungslücke geschlossen: Der weiße Hai* (Jaws; 1975). Ja, der stand schon mindestens 15 Jahre bei mir im Regal aber ich hatte ihn bislang noch nicht gesehen. Schande über mein Haupt und so, ich weiß. Ich muss allerdings nach den knapp zwei Stunden Laufzeit sagen: Gibt weit besseres. Ich fand ihn ziemlich langweilig und vorhersehbar mit nur sehr, sehr wenigen Höhepunkten. Vorhersehbar nicht, weil ich die Geschichte schon kannte, sondern weil alles Klischeeüberladen ist:

  • Der Offizielle, der unbedingt den Laden am Laufen halten will, komme was wolle.
  • Der Held, der es richtig machen möchte, dem aber die Hände gebunden sind (natürlich mit Familie).
  • Der unnahbare Alte, der schon alles gesehen hat und sofort die Lösung anbietet.
  • Der Wissenschaftler, dem außer dem Helden keiner zuhört.
  • Ein übermächtiger Bösewicht, der gegen jedwede Logik handelt.

Das an sich wäre ja okay, wenn der Film wenigstens spannend wäre. Aber das ist er irgendwie überhaupt nicht. Ich bin ja alten Filmen bekanntlich absolut nicht abgeneigt – Fritz Langs M von 1931 ist sogar in meiner ewigen Top 5 – und bin mir entsprechend bewusst, dass es früher etwas gemächlicher zuging als heute. Finde ich auch in vielen Fällen gut. Das ganze „alle 10 Sekunden muss was passieren”-Gewitter im Mainstreamkino kann echt anstrengend sein und lässt die Charaktere gerne zweidimensional zurück. Man kann aber ebenso unnötig viel Zeit damit verbringen nichts zu tun.

Die 120 Minuten Der weiße Hai hätten locker in 90 gepasst und nichts wäre verloren gegangen. Selbst in der zweiten Hälfte, wenn es dann endlich zur Jagd geht, wird es irgendwie nicht besser. Die Charaktere und ihre Beziehungen sind mir ziemlich egal, weil sie trotz der Langatmigkeit der Erzählung eben nur ihrem Klischee entsprechen. Und in Bezug auf den Hai kommt für mich absolut nicht rüber, dass er die ultimative Bedrohung ist. Dafür ist die Jagd zu sehr in die Länge gezogen, er macht entsprechend zu wenig und was er macht, macht meist wenig Sinn. Selbst John Williams‘ Score half nicht die Situation zu verbessern. Im Gegenteil fand ich die Musik während der Jagd oftmals eher unpassend „lustig/fröhlich” als furchteinflößend. Abseits des ikonischen Hauptmotivs war irgendwie nicht viel los.

Zusammengefasst habe ich es nicht bereut ihn mal gesehen zu haben. Ich bin ja immer dafür sein Wissen zu erweitern. Schließlich weiß man nie, was man findet. Am Ende des Tages hat er mir aber trotz all der Lorbeeren einfach nicht gefallen und wird entsprechend nicht mehr ins Regal zurückkehren.

Obwohl ich ganz klar ein Faible für Bücher über Videospiele und ihre Macher habe: Ich lese natürlich auch ab und zu mal gerne was „Normaleres”. Ganz aktuell die Werke des britischen Autors und ehemaligen MI5/MI6-Mitarbeiters John le Carré um den Geheimagenten George Smiley. Ihr erinnert euch vielleicht noch, dass mir die BBC-Miniserien mit Sir Alec Guinness von 1979 bzw. 1982 sehr gut gefallen hatten. Der Film von 2011 war nicht ganz so super. Er war aber tatsächlich jetzt der Auslöser, dass ich mir endlich mal die neun Bücher geholt und angefangen habe sie zu lesen.

Ich hatte das Werk von Tomas Alfredson vor kurzem nochmal mit Lysanda geschaut und musste feststellen, dass ich irgendwie 2013 etwas zu gutmütig zu ihm war. Beim erneuten Genuss war er tatsächlich ziemlich langweilig und ganz und gar nicht spannend oder empfehlenswert. Aber gut: Wir werden alle älter und weiser :smile: . Im Anschluss hatte ich auf jeden Fall große Lust endlich mal die Vorlage zu lesen und da ich bekanntlich keine halben Sachen mache, fing ich ganz vorne an. Der Film und die Serie basieren nämlich auf dem fünften (von neun) George-Smiley-Büchern.

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Schatten von gestern (Call for the Dead; 1961; 222 Seiten) – Der erste Band und die Geburtsstunde von George Smiley. Passenderweise eingeleitet mit einem Lebenslauf, der seinen Lebensweg bis zum Beginn der eigentlichen Geschichte nachvollzieht. Ein kleiner, weniger ansehnlicher Mann, dessen Schneider ihn offensichtlich ausnutzt (seine Klamotten sind ihm zu groß). Er hat in Oxford studiert und ist ein Liebhaber eher unbekannter deutscher Poeten aus dem 17. Jahrhundert. Wie auch immer schaffte er es eine absolute Schönheit anzulachen. Die Ehe hielt jedoch nur kurz. Sie verließ ihn für einen berühmten Rennfahrer. Schon 1928 landet er beim britischen Geheimdienst und macht sich speziell im Krieg einen Namen.

Mittlerweile ist der zweite Weltkrieg ein paar Jahre her. Stattdessen tobt der Kalte Krieg und wie überall in der westlichen Welt hat man auch in England Angst vor den Russen/Kommunisten. Das Buch beginnt mit dem Selbstmord des MI6-Agenten Samuel Fennan. Smiley hatte ihn ein paar Tage zuvor einer Unterredung unterzogen, weil er aufgrund eines anonymen Briefs verdächtig wurde ein Doppelagent zu sein. Fennans Frau und sein Abschiedsbrief erwecken den Eindruck, dass es dieses Verhör war, was ihn über die Klippe springen ließ. Also wird Smiley auf Geheiß der Obrigkeit vom Dienst entlassen und die Geschichte ist zu Ende. War ein sehr kurzes Buch…

Nein, natürlich nicht. Wir wissen doch alle, dass in den besten Krimis der gute Polizist/Detektiv/was auch immer erst einmal von den lahmen/korrupten Beamten hintergangen wird und er erst auf sich gestellt anfängt den Fall zu lösen. Es beginnt die Suche nach der Wahrheit. Hat sich Fennan tatsächlich umgebracht, wegen Smileys Verhör oder steckt doch mehr dahinter?

Beim Christoph meint: Ein fulminanter Einstieg in die Saga. Volle 5 von 5 Sics und eine klare Leseempfehlung. Der Start mit dem Lebenslauf mag einem zuerst etwas komisch vorkommen, legt aber die Grundlage für ein äußerst spannendes Katz- und Mausspiel bei dem bis zum Schluss unklar ist wer gewinnt (=überlebt) und verliert (=stirbt) – inkl. einer Art Cliffhanger, der erst in Band 3 aufgelöst wird. Smiley ist ein äußerst komischer aber auf seine Art extrem intelligenter Kauz, der nicht immer alles richtig macht und auch vorbildlich nicht alleine arbeitet – also ganz und gar nicht dem James-Bond-Klischee entspricht. Aber das macht ihn so liebenswert. Le Carré erweckt ihn mit seiner für heutige Verhältnisse vielleicht etwas Altmodischen aber für diese Zeit absolut passenden Schreibe perfekt zum Leben und lässt mich als Leser von Anfang bis Ende mit ihm mitfiebern.

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Ein Mord erster Klasse (A Murder of Quality; 1962; 186 Seiten) – Smiley hat es am Ende des 1. Bands abgelehnt in den Dienst seiner Majestät zurückzukehren. Stattdessen „genießt” er den frühen Ruhestand wie man es so als englischer Gentleman halt tut. Eines Tages kommt die Herausgeberin der kleinen Zeitschrift „Christliche Stimme”, Ailsa Brimley, auf ihn zu. Er kennt sie noch aus dem Krieg. Sie hat einen verstörenden Brief erhalten in dem die langjährige Leserin Stella Rode ihren Verdacht äußert, dass ihr Mann sie umbringen möchte. Ihr Ehemann ist Lehrer am Elite-College Carne, sie „nur” ein einfaches Mädchen vom Lande.

Und tatsächlich: Bevor es Smiley nach Carne schafft ist Ailsa bereits tot. Brutal zusammengeschlagen im Wintergarten ihres Hauses mit einem Stück Koax-Kabel, das ihr Mann als Anschauungsmaterial im Unterricht verwendet hat. Da braucht es keinen Smiley, um den Fall zu lösen. Es war eindeutig nicht der Gärtner, sondern der karrieresüchtige Ehemann, der sich von seiner so gar nicht in die Carne-Gesellschaft passende Frau zurückgehalten sah. Aber wer so denkt, hat vermutlich noch nie in seinem Leben einen Krimi konsumiert. Bis die Wahrheit ans Licht kommt hat Smiley stattdessen so einiges an Detektivarbeit zu leisten, was bei einer eingeschworenen Gesellschaft, wie es die Lehrer von Carne ist, nicht ganz so einfach ist.

Beim Christoph meint: Mit Agenten und Russen hat Ein Mord erster Klasse überhaupt nichts zu tun. Smiley ist einfach nur dabei, weil Le Carré eine ausgearbeitete Figur zur Verfügung hatte. Stattdessen erwartet euch ein klassischer Krimi, der das Genre nicht unbedingt neu erfindet. Der Autor hält sich größtenteils auf den bekannten Pfaden der typischen Leserablenkungen. Wir wissen natürlich alle, dass es am Ende anders kommt als erwartet und die eindeutigen Indizien gegen den Ehemann vermutlich nicht das sind, was sie scheinen.

Von mir gibt’s für den Roman 4 von 5 Sics. Die Geschichte ist erneut spannend und voller Wendungen sowohl für die Charaktere als auch die Leser trotz oder gerade, weil Le Carré einem das ein oder andere offensichtliche Ablenkungsmanöver hinwirft auf das selbst ein Blinder nicht hereinfallen würde. Aber natürlich hatte ich nach dem Agententhriller im ersten Band etwas anderes erwartet als einen „klassischen” Krimi. Das an sich wäre kein Problem aber gleichzeitig haben mich das Setting (ein Elite-College) und die dazugehörigen Akteure (hochnäsige Lehrer) nicht ganz so in den Bann gezogen. Verschlungen habe ich es trotzdem. Insofern… :wink:

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Der Spion, der aus der Kälte kam (The Spy Who Came In from the Cold; 1963; 276 Seiten) – Es geht zurück zum Kalten Krieg – falls ihr es nicht schon anhand des Titels erraten habt. Allerdings hat der Roman sowas von überhaupt nichts mit George Smiley zu tun. Ja, er wird hier und da auf komische Art und Weise in eher unpassenden Nebensätzen erwähnt (so in der Art übernatürlicher Drahtzieher). Aber faktisch kommt er nicht darin vor. Das mag das Marketing extrem irreführend machen aber hat zum Glück keine negativen Auswirkungen auf die Qualität der erzählten Geschichte.

Es geht um den Lenker Alex Leamas. Zuständig für Ostdeutschland hat er in den vergangenen Monaten alle seine Agenten verloren. Sein Gegenspieler ist Hans-Dieter Mundt, einer der Drahtzieher aus dem ersten Buch (der erwähnte Cliffhanger) und ein hochrangiger Spion der Sowjetunion. Die Geschichte beginnt mit dem Tod des letzten Agenten an einem Grenzübergang von Ost nach West. Leamas wird nach London zurückbeordert und in den Innendienst gesteckt. Dort gefällt es ihm aber sowas von überhaupt nicht. Es geht rapide bergab mit ihm (wird Alkoholiker, lässt sich gehen, etc.) und er beendet in Ungnade gefallen seinen Dienst. Anschließend gerät er ins Visier der Ostdeutschen und wird zum Überläufer. Spoiler Tatsächlich ist Leamas aber immer noch für ihre Majestät unterwegs. Sein Überlaufen ist nur eine Farce, um an Mundt heranzukommen.

Beim Christoph meint: Le Carré schreibt im Vorwort meiner Ausgabe, dass er den Erfolg dieses Romans ein Stück falsch findet. Aus seiner Sicht hat er eine völlig fiktive Agentengeschichte geschrieben, die überhaupt nichts mit seiner eigenen Realität beim Geheimdienst zu tun hatte. Stattdessen waren die Kritiker alle begeistert und hielten sie für die absolute Wahrheit (schließlich war Le Carré ja auch Agent). Schnell wurde versucht die Charaktere und Situationen im Buch mit echten Vorkommnissen der damaligen Zeit über ein zu bringen. Und natürlich hat man viele Parallelen gefunden. Aber auch wenn es Le Carré stört, spricht das gerade für sein Werk. Es erfüllt die Leserfantasien. So stellt man sich das Agentenleben als Normalbürger vor, der sowas nur aus Unterhaltungsmedien kennt.

Das Ergebnis ist ein vielleicht nicht akkurates Abbild der Zeit aber dafür ein extrem spannender Agententhriller. Zuerst die Frage, ob Leamas tatsächlich zum Überläufer wird und dann, ob er die zahlreichen Verhöre meistern und sein Ziel Mundt endgültig auszuschalten erreichen wird. Das Finale ist der helle Wahnsinn und überhaupt nicht das, was ich erwartet hätte. Entsprechend gibt es von mir wieder volle 5 von 5 Sics. Statt mit viel Action, hält einen Der Spion, der aus der Kälte kam mit psychologischen Spielchen bei der Stange. Jede Sekunde fiebert man mit und will wissen, wie es weitergeht. Ein wirklich geniales Werk und im direkten Vergleich sogar nochmal besser als Schatten von gestern.

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Krieg im Spiegel (The Looking Glass War; 1965; 319 Seiten) – Le Carré Reaktion auf die Kritiken des Vorgängerbands – mit entsprechendem Ergebnis. Statt Fiktion jetzt Geheimdienstrealität (mit erfundenen Figuren natürlich). Englische Kritiker und Leser fanden es überhaupt nicht gut. Nur ausländische Geheimdienste freuten sich, weil es ihre Sicht auf den britischen Geheimdienst ziemlich genau wiedergab.

Im Vergleich zu Band 3 kommt George Smiley wieder etwas öfter vor, bleibt aber dennoch eine nutzlose Randfigur, die besserwisserisch nervig daherkommt. Keine Ahnung warum. Sowieso wird der „Circus” (MI6) als ignorant und „sich für was besser haltendes” dargestellt. Die Hauptfiguren arbeiten stattdessen bei einem anderen Arm des britischen Geheimdienstes, der sich um militärische Ziele kümmert. Und ein solches soll sich gerade in Ostdeutschland aufgetan haben: Eine geheime russische Raketenbasis in Kalkstadt. Der Kurier mit den dazugehörigen Luftaufnahmen wurde (vermutlich) ermordet. Nun gilt es auf anderem Wege herauszufinden, ob an den Gerüchten was dran ist.

Die Raketenbasis dient aber lediglich als Aufhänger für Le Carré auf mehr als 300 Seiten eine sicherlich realistische aber völlig langweilige Geschichte rund um eine veraltete Truppe zu erzählen, die sich verzweifelt an ihre glorreichen Kriegszeiten klammert. Es geht um Spesen, Ressourcenverteilung, kaputte Ehen, komische Führungspersönlichkeiten, Ämterneid und das Training eines nun in England lebenden Polen, der zu Kriegszeiten bereits für den englischen Geheimdienst gearbeitet hatte. Die Aufgabe: Ihn fit dafür zu machen über die Grenze zu gehen und diese Raketenbasis zu bestätigen oder auch nicht. Und ums gleich zu verraten: Der Übertritt findet fünf Kapitel vor Ende des Buchs statt (insgesamt 23) und wird entsprechend schneller abgehandelt als ein Besuch auf dem Klo. Der Großteil der Erzählung sind wir stattdessen in einem Haus in Oxford in dem der Pole Leiser das Training erhält. Welche Methoden werden angewandt, wie wird er manipuliert, wie macht er sich und derlei Kram.

Beim Christoph meint: 1 von 5 Sics… Ja, ich stimme den damaligen Kritikern zu. Das Buch mag zwar höchst realistisch sein und zeigen, wie der britische Geheimdienst (und vermutlich viele andere) in den 50igern/60igern funktioniert hat. Aber ein guter Roman/Krimi/Thriller sieht definitiv anders aus. Keiner der Charaktere ist auch nur ansatzweise interessant und das ganze Drumherum ist mir sowas von völlig egal. Was interessiert mich wie schwer es ist der Witwe eines Agenten vom Schatzamt eine Pension zukommen zu lassen? Was bringt es mir zu wissen, dass der Nahkampftrainer 10 Schilling für seine Arbeit bekommen hat? Dass der Geheimdienst in einem heruntergekommenen Haus untergebracht ist? Und wie viele Autos jetzt die eine Klitsche zur Verfügung hat und die andere nicht?!

Dazu kommt noch, dass der Aufbau des Buchs häufig miserabel ist. Keine Ahnung ob das an der deutschen Übersetzung und dem dazugehörigen Layout liegt aber da wird fröhlich innerhalb eines Kapitels zwischen Orten und Personen hin- und hergesprungen und zwar oft ohne erkennbaren Zusammenhang und teilweise direkt im nächsten Satz – also ohne irgendeinen offensichtlichen Abstand. Als Leser bin ich dann erstmal total verwirrt wie das jetzt eigentlich mit dem vorherigen Satz zusammenpasst bis ich merke, dass sich hier ja zwei völlig andere Personen unterhalten. Gerne wird das mit Szenen aus dem Circus gemacht wo sich Control und George Smiley miteinander total verschwörerisch unterhalten (passt überhaupt nicht zum im 1. Band etablierten Charakter). Ne, Finger weg von diesem Werk. Mag sein, dass John le Carré damit seine persönliche Erfüllung fand aber das hätte er lieber als Fachbuch oder so niederschreiben sollen.

 

Und damit sind wir am Ende des heutigen Eintrags angekommen. Als nächstes liegt nun endlich Band 5, Dame, As, König, Spion, auf meinem Nachttisch. Mal schauen ob die Jagd nach Karla in schriftlicher Form ähnlich oder sogar noch spannender ist als auf dem Bildschirm. Ich werde euch sicherlich berichten. Was ich jetzt schon sagen kann: Ich habe es definitiv nicht bereut die ersten drei Bände vorher zu lesen. Speziell Schatten von gestern und Der Spion, der aus der Kälte kam sind wirklich erstklassig und ich hoffe, dass Le Carré auf dieser Grundlage im fünften Band aufbaut. Über Band 4 sprechen wir einfach nicht weiter.

PS: Alle vier Bände wurden verfilmt. Am berühmtesten ist wie die Vorlage Der Spion, der aus der Kälte kam mit Richard Burton von 1965, der sogar zwei Oscars erhielt. Muss ich mir wohl jetzt auch alle mal anschauen.

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